Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Im Wald lernt es sich besser

Bildung Im Derchinger Forst gibt es für Schulklass­en in und um Augsburg nun ein „Grünes Klassenzim­mer“. Eine Klasse der Realschule Affing-bergen hat es ausprobier­t. Was sie dabei schon erlebt hat

- VON VANESSA POLEDNIA

Friedberg Ein Klassenzim­mer im Derchinger Forst, umgeben von mächtigen Buchen, Fichten und einer Wiese mit Obstbäumen, auf einer Lichtung, bedeckt von Wildkräute­rn. Wie klingt das? Für die Klasse 5b der Affinger Realschule klingt das hervorrage­nd. Die Schüler haben das neue „Grüne Klassenzim­mer“im Derchinger Forst ausprobier­t. Mitten im Wald ist hier ein Platz zum Lernen entstanden.

Den Ort hat der Förster Rolf Banholzer von der Bayerische­n Forstverwa­ltung mit Kollegen ausgesucht. Er liegt im Naherholun­gsgebiet Friedberg und Augsburg – und er ist nicht weit von einer Bushaltest­elle nördlich von Derching entfernt. Bis zum „Grünen Klassenzim­mer“ist es nur ein kleiner Spaziergan­g durch den Forst. Das hat den positiven Nebeneffek­t, dass die Besucher auf den Wald eingestimm­t werden. Einmal angekommen können die Schüler in die Welt des Waldes eintauchen. Die Theorie aus Biologie-, Natur- und Technikunt­erricht weicht der praktische­n Erfahrung. Was die Kinder sonst nur im Schulbuch lesen, können sie hier ausprobier­en und in der Natur beobachten. Banholzer hat in den vergangene­n Jahrzehnte­n viele Waldführun­gen geleitet. Er sieht daher im „Grünen Klassenzim­mer“nicht nur Schüler, sondern auch Rentner, Studenten oder gar Ingenieure.

Bei der Eröffnung spielt die Klasse 5b mit ihrer Lehrerin Maria Fest und Banholzer „Wer bin ich?“in der Waldtier-version. Der Förster stellt sich hierfür in die Mitte des Sitzkreise­s, einen Buchstaben auf den Rücken geklebt, und muss erraten, was er ist. Die Kinder beantworte­n hierzu seine Fragen: „Bin ein Tier des Waldes? Esse ich Früchte? Habe ich Federn?“Und so wird aus dem trockenen Biologieod­er Erdkundeun­terricht ein echtes Erlebnis. Statt in Bücher oder auf Bildschirm­e zu blicken, müssen sich die Schüler nur im Grünen umschauen.

Maria Fest ist die Deutschleh­rerin der Klasse. Zusätzlich hat sie eine Ausbildung zur Märchenerz­ählerin absolviert und den unterschie­dlichsten Gruppen den Wald erlebbar gemacht. „Meine Ausflüge beinhalten immer mindestens eine Geschichte und ein Spiel“, erklärt ihr Konzept. Die Schüler sind begeistert von dieser Abwechslun­g, hören gebannt der Geschichte ihrer Lehrerin zu und spielen mit. Müde oder uninteress­iert wirkt keiner. Dass die Bänke im Freien im Kreis aufgestell­t sind, ist eine Abwechslun­g zum normalen Unterricht in der Schule. Es wurde aus diesem Grund bewusst so angeordnet.

Trotz Hitze singen die Kinder das Weihnachts­lied „Oh Tannenbaum“. Denn zu diesem Lied hat sich Fest ein Spiel ausgedacht. Im Liedtext wird fälschlich­erweise die Schönheit der „Blätter“des Tanich nenbaums besungen. Da wiederspre­chen alle Schüler. Schließlic­h habe die Tanne keine Blätter, sondern Nadeln! Von diesem Fehler inspiriert, sollen die Schüler einen Weihnachts­baum aus Buchenblät­tern an ein Brett nageln. „Die Kinder wollen etwas machen und kreativ sein. Man darf ihnen ruhig auch mal etwas zutrauen“, sagt die Lehrerin. Die Fünftkläss­ler wuseln auf der Lichtung umher, nutzen Blüten als Christbaum­kugeln und schnitzen aus einem Apfel Schmuck für die Baumspitze. Mit ihrem Gemeinscha­ftswerk sind am Ende alle zufest frieden. Zum Abschluss führt Revierleit­er Banholzer die Schulklass­e mit lehrreiche­n Zwischenst­opps zurück aus dem Wald. Für das „Grüne Klassenzim­mer“wirken Bayerische Staatsfors­ten, Bayerische Forstverwa­ltung und Forstbetri­eb Landsberg zusammen. Die Schüler sind von dem Konzept so begeistert, dass sie sich ein Outdoor-klassenzim­mer auf dem Schulgelän­de wünschen.

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Kontakt Nico Bonanni, nico.bonan ni@baysf.de, Tel. 08208/9579941; Rolf Banholzer: Rolf.banholzer@aelf au.bayern.de, Tel. 08207/9599472.

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Foto: Vanessa Polednia Im „Grünen Klassenzim­mer“im Derchinger Forst können Kinder in der Natur beobachten, was sie sonst nur im Schulbuch lesen. Die Klasse 5b der Realschule Affing Bergen mit ihrer Lehrerin Maria Fest und Förster Rolf Banholzer hat es ausprobier­t.

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