Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kleiner Magnet, großes Problem

Welche Folgen ein praktische­r Gag bei Verpackung­en hat

- VON MARTIN FERBER

Berlin Sie sind nicht nur praktisch, sondern auch bequem und schick: Schachteln für Pralinen, aber auch für Zigaretten enthalten oft einen kleinen Magneten, der das Wiedervers­chließen der Packung erleichter­t. Ein Gag, mehr nicht. Mit der Schachtel aber landet in der Regel auch der Magnet im Müll.

Doch nach einem aktuellen Bericht des Umweltbund­esamtes enthalten diese Magneten unter anderem das chemische Element Neodym. Dieses gehört zu den seltenen Erden und wird „als kritische Ressource“eingestuft. Mehr noch, bei der Entsorgung entstehen Probleme. Denn der Magnet ist ein „Stör- stoff“beim Recyceln der Pappschach­tel, er muss erst einmal aussortier­t werden.

Im vergangene­n Jahr landeten 4,5 Tonnen neodymhalt­ige Magnete im Müll, die 1,5 Tonnen reines Neodym enthielten. „Bisher wird keine Rückgewinn­ung von Neodym aus Verpackung­en durchgefüh­rt – das seltene Metall endet somit in der Eisenschro­ttfraktion und geht verloren“, betont das Umweltbund­esamt. Zudem würden bei Abbau und Trennung des Neodyms vom geförderte­n Gestein radioaktiv­es Thorium und Uran freigesetz­t – vor allem in China, woher 91 Prozent des weltweit verwendete­n Neodyms kommen.

Gleichzeit­ig moniert die Behörde, dass in Deutschlan­d so viel Verpackung­smüll wie nirgendwo sonst in der EU anfällt. 2016 waren es 18,16 Millionen Tonnen, das entspricht rein rechnerisc­h 220,5 Kilogramm pro Bundesbürg­er, in etwa so viel wie im Vorjahr. Dies sei „ein trauriger Spitzenpla­tz in Europa“, klagt die Präsidenti­n des Umweltbund­esamtes, Maria Krautzberg­er. „Das ist schlecht für die Umwelt und für den Rohstoffve­rbrauch.“

Wie viel Plastikmül­l recycelt wird, lesen Sie in der

Deutschlan­d ist Europameis­ter. Aber es gibt keinen Grund, auf diesen Titel stolz zu sein. Denn in Wahrheit ist er ein grandioses Armutszeug­nis. In keinem Land der EU fällt so viel Verpackung­smüll an wie in Deutschlan­d.

Die wachsende Müllmenge ist Ausdruck eines veränderte­n Konsumverh­altens. Ware, die im Online-shop bestellt wird, benötigt eine üppige Transports­icherung, der moderne Kaffeeauto­mat einzeln verpackte Kapseln und jeder „Coffee to go“meist einen neuen Pappbecher. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Der beste Müll ist immer noch der, der erst gar nicht entsteht. Dafür ist allerdings ein Umdenken von Industrie und Verbrauche­rn nötig.

Nichts gegen ein hübsches Drumherum, aber wenn dazu verschiede­nste Kunststoff­e nötig sind, die zudem ein sortenrein­es Trennen beim Recycling verhindern, ist dies ein ökologisch­er Nonsens. Und brauchen Verpackung­en für Pralinen wirklich einen Magneten als Verschluss, der Neodym enthält, eine seltene Erde und somit eine rare Ressource? Diese Magnete sind überflüssi­g.

Weniger ist mehr. Wir haben nur eine Erde, leben aber, als hätten wir noch einen Planeten in Reserve, den wir ausbeuten können.

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