Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Kein Spiel ohne Grenzen
Ratgeber Kinder und Jugendliche „zocken“gerne am Computer. Das kann sogar pädagogisch wertvoll sein – oder aber in eine gefährliche Abhängigkeit münden. Hier erklären Experten, worauf Eltern unbedingt achten sollten
Welche Computer- und Videospiele sind kindgerecht? Viele Eltern tun sich schwer damit, diese Frage zu beantworten. Wir haben Experten befragt und eine Checkliste für die Spielwelten erstellt – in Form der wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Videospiele.
Woran erkennen Eltern pädagogisch wertvolle Spiele?
Ob ein Spiel pädagogischen Ansprüchen gerecht wird oder der Schwierigkeitsgrad im wahrsten Wortsinn kinderleicht ist, kann man auf Seiten wie spielbar.de, internet-abc.de oder schau-hin.info lesen. Auch gibt es Auszeichnungen und Gütesiegel für besonders empfehlenswerte Games. Unter anderem den Deutschen Kinder- und Softwarepreis „Tommi“und den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie „Bestes Kinderspiel“und „Bestes Jugendspiel“.
Was sind aktuell die beliebtesten Spiele?
Manche Spiele sorgen für einen kurzen Hype und sind schnell wieder vergessen. Andere sind über Jahre erfolgreich, sodass es wie im Kino heißt: Fortsetzung folgt. Felix Falk vom Branchenverband Game weiß: „Spiele, die schon seit Jahren Gamer aller Altersklassen begeistern und sich regelmäßig auf den Top-listen befinden, sind Sportsimulationen wie die „FIFA“- oder „Pro Evolution Soccer“-reihe, Spiele rund um die Figuren Mario und Co. sowie das „Minecraft“sind sozusagen Evergreens.“Solche Titel sind übrigens auch bei Familienabenden beliebt.
Ist es sinnvoll, ein Spiel einmal mit meinem Kind auszuprobieren?
„Das gemeinsame Spielerlebnis hilft, Risiken besser einschätzen zu können“, sagt Elisabeth Secker von der USK. Ein anderer Aspekt: „Wenn Kinder merken, dass man ihre Leidenschaft ernst nimmt und sich für sie interessiert, werden sie auch gemeinsam besprochene Regeln deutlich besser akzeptieren“, so Felix Falk.
Wie lange sollte ein Kind maximal vor einem Spiel sitzen?
„Für Kinder unter sieben Jahren kann eine Spielzeit von 20 bis 30 Minuten unter Aufsicht empfohlen werden“, sagt Usk-expertin Secker. „Je älter das Kind ist, desto länger und flexibler kann das Zeitbudget gestaltet werden.“
Welchen Fehler sollten Eltern unbedingt vermeiden?
Klar definierte Spielzeiten helfen. Es gibt jedoch Momente, in denen man ein Auge zudrücken sollte: Spielszenen, in denen der Spielfortschritt verloren ginge, wenn man abrupt beendet. Das Kind sollte bis zum nächsten Speicherpunkt weiter zo-
cken dürfen. „So lässt sich Frustration aufseiten der Kinder vermeiden und Eltern nehmen potenziellen Konflikten frühzeitig den Wind aus den Segeln“, rät Experte Falk.
Was bedeutet es, wenn ein Spiel freigegeben ist ohne Altersbeschränkung? Was, wenn es für Kinder ab sechs Jahren freigegeben ist?
Ist ein Spiel ohne Altersbeschränkung freigegeben, enthält es keine
Gewaltdarstellungen. Der ruhigere Spielaufbau setzt auch jüngere Kinder nicht unter Druck. Bei Spielen mit einer Kennzeichnung „USK ab 6“sind spannendere oder wettkampfbetontere Elemente dabei.
Was heißt es, wenn ein Spiel erst ab 16 oder 18 Jahren freigegeben ist?
Spieleinhalte mit einer Altersfreigabe ab 16 Jahren zeigen realistische Gewalthandlungen. Spiele, die keine
Jugendfreigabe erhalten („USK ab 18“) sind ausschließlich Erwachsenen vorbehalten. Minderjährige sollen geschützt werden vor der Identifikation mit Spielfiguren, deren Handeln ethisch-moralischen Anforderungen zuwiderlaufen kann.
Hat die Usk-angabe auch eine Aussagekraft darüber, ob das Spiel inhaltlich genau für die Altersgruppe passt?
Hier besteht ein gängiges Missverständnis. „Die Usk-kennzeichen geben weder Auskunft über eine pädagogische Eignung, noch bilden sie Geschmacksurteile ab“, so USKExpertin Secker. Die Altersangabe der USK soll nur vor Gewalt schützen, ist aber keine Altersempfehlung hinsichtlich kognitiver oder motorischer Fähigkeiten.
Wie schaffen Kinder den Spagat zwischen digitaler und realer Welt?
Trotz Smartphone und Computer schätzen auch moderne Kids reale Treffen mit Freunden und das Spielen im Freien, Sport oder Ausflüge. „Computer- und Videospiele oder die sozialen Netzwerke sollten eine Ergänzung im Freizeitangebot darstellen, aber keinesfalls zur dominanten Beschäftigung werden“, rät Secker.
An welchen Alarmzeichen erkennt man bedenkliches Spielverhalten?
Bei Symptomen wie Antriebslosigkeit, schlechteren schulischen Leistungen, Nervosität, Gereiztheit oder der Vernachlässigung von sozialen Kontakten sollte man mit dem Kind darüber sprechen und die Nutzungsdauer korrigieren.
Welche Spiele landen auf dem „Index“?
Zuständig für diese Entscheidung ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPJM) in Bonn. Betroffen sind „überwiegend sehr gewaltbetonte Spiele, die verrohend wirken oder zu Gewalttätigkeit anreizen können“, erklärt Martina Hannak, Vorsitzende der Prüfstelle.
Welche prominenten Beispiele für indizierte Spiele gibt es?
Das Spiel „Manhunt“(2003) ist berüchtigt dafür, dass Spieler in die Rolle eines Mörders schlüpfen. Es wurde nicht nur indiziert, sondern bundesweit beschlagnahmt. Es kann allerdings vorkommen, dass Spiele wieder aus der Indexliste gestrichen werden, wenn ein Publisher einen Antrag auf erneute Überprüfung stellt. So hob die BPJM die Indizierung der Ballerspiele „Doom“nach 17 Jahren und von „Max Payne“nach elf Jahren wieder auf. Entscheidungen, bei denen die Kunstfreiheit als Argument zum Zuge kam.
Welche Faktoren machen grundsätzlich ein gutes Spiel für Kinder aus?
Wichtig ist die Balance: Herausforderungen fördern die Spannung, aber die Aufgabe darf auch nicht so schwer sein, dass es frustrierend wird. „Man muss die Geschichten dem Alter entsprechend auswählen und bei Kindern, die noch nicht gut lesen können, eine einfache Sprachausgabe und eine simpel zu bedienende Benutzeroberfläche integrieren“, sagt Game-designerin Myriel Balzer.