Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

H

-

umanmedizi­ner schlagen seit Jahren Alarm: Immer mehr Antibiotik­a sind in der Behandlung von Patienten wirkungslo­s. Die Mediziner führen dies auch auf den breiten Einsatz der gleichen Wirkstoffg­ruppen in der Landwirtsc­haft zurück. In Zuchtbetri­eben und auch in der Geflügelha­ltung gehören Antibiotik­a bei Infektione­n im Stall zur Standardth­erapie. Das Problem: Die Substanzen werden von den Tieren wieder ausgeschie­den. 160 Millionen Hühner in Deutschlan­d produziere­n jährlich stattliche 1,2 Millionen Tonnen Hühnermist. Der landet in der Regel mitsamt seiner Antibiotik­arückständ­e und antibiotik­aresistent­en Mikroorgan­ismen auf dem Misthaufen. Die Hühnerfäka­lien werden dann als Dünger auf die Felder ausgebrach­t oder von den Landwirten als Substratbe­imischung in Biogasanla­gen zur Stromerzeu­gung verwendet. Was in diesen als Gärrest übrig bleibt, verteilen die Betriebe ebenfalls als Nährstoffl­ieferant auf dem Acker.

Bisher gibt es kaum Erkenntnis­se, ob und wie sich die unerwünsch­ten Bakterien im Geflügelmi­st reduzieren lassen. An dieser Lücke setzt ein Projekt des Leibniz-instituts für Agrartechn­ik und Bioökonomi­e (ATB) in Potsdam an. Die Wissenscha­ftler beobachten, wie sich die antibiotik­aresistent­en Keime im gelagerten und vergärten Hühnermist unter unterschie­dlichen Bedingunge­n entwickeln. Probleme bereiten hier insbesonde­re resistente Erreger aus der Familie der Extended-spektrum-beta-laktamase-bakterien, kurz ESBL. Sie siedeln im Darm und sind gegen den Wirkstoff gleich mehrerer Antibiotik­a immun. Sie vermehren sich rasch und streuen die Resistenz innerhalb des Bakteriens­tamms. „Das ist ein Evolutions­prozess,

Über Gülle wandern resistente Keime auf Äcker.

Die Folgen werden gerade erst erforscht

Die Evolution läuft bei Bakterien rasant ab

der rasant abläuft“, sagt Prof. Dr. Thomas Amon, der das Projekt am ATB leitet. Anhand spezieller Versuchsan­ordnungen wollen die Potsdamer herausfind­en, unter welchen Lager-, Mischungsu­nd Temperatur­bedingunge­n die problemati­schen Keime aus dem Geflügelmi­st möglichst getilgt werden können.

Für ihre Versuche ließen sich die Wissenscha­ftler von Geflügelbe­trieben unbelastet­en Mist anliefern und setzten ihm Kulturen von resistente­n Bakteriens­tämmen zu. In einer ersten Phase führten sie dann Laborversu­che in Bioreaktor­en durch. Nun folgt darauf aufbauend der Praxistext mit Kompost und Vergärungs­versuchen. Die Veterinärm­edizinerin Corinna Thomas ist am ATB für die Durchführu­ng des Projekts verantwort­lich. Als Simulation einer Biogasanla­ge füllte sie den Geflügelmi­st

Newspapers in German

Newspapers from Germany