Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Morden für die Medizin
Es wurde langsam Zeit, dass den Herren William Burke und William Hare das Handwerk gelegt wurde. Als sie im Jahr 1828 festgenommen wurden, war das zunächst allerdings ein Rückschlag für die schottische Wissenschaft. In Edinburgh war man stolz darauf, Pioniere der medizinischen Forschung zu beherbergen. Einer der bedeutendsten war Dr. Robert Knox. Er war ein Exzentriker und nicht sehr pingelig bei der Auswahl seiner Bekannten. Mit Burke und Hare pflegte der Doktor eine Bekanntschaft besonderer Art.
Dr. Knox war Anatom. Für seine Forschung und zur anschaulichen Belehrung seiner Studenten, die zahlreich zu ihm kamen, hatte er einen beträchtlichen Bedarf an Leichen. Der Bedarf war größer als es die Obrigkeit erlaubte. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden dem Edinburgh Medical College pro Jahr nur fünf Verstorbene zur medizinischen Forschung zugebilligt. Und das Sezieren war ohnehin alles andere als gottgefällig. Schlechte Bedingungen für einen Anatomen von brennendem Forschungsdrang.
So geschah es, dass Dr. Knox mit den Herren Burke und Hare ins Geschäft kam. Die beiden Iren hatten sich in Edinburgh als Leichendiebe niedergelassen. Sie kamen zufällig auf das
Metier, als sie einen frisch verstorbenen Nachbarn für gutes Geld an Dr. Knox verkaufen konnten. Sie waren nicht die einzigen Leichendiebe in Edinburgh. Die Nachfrage war stark. Die Friedhöfe der Stadt waren kein sicherer Ort für die Beerdigten. Aber Burke und Hare waren die kreativsten. Sie warteten nicht darauf, dass ihr Verkaufsgegenstand gestorben war, sie beförderten ihn selber vom Leben zum Tod. Mindestens 17 Menschen sollen sie erwürgt und verkauft haben.
Als sie erwischt wurden, rettete sich William Hare als Kronzeuge. Sein Kollege und wohl auch Anstifter William Burke wurde hingerichtet. Der Abnehmer der beiden wurde nicht weiter behelligt. Dr. Knox konnte, wie er glaubwürdig versicherte, ja nicht wissen, dass seine Lieferanten die Leichen selber ins Jenseits befördert hatten.
Der Skandal um Burke, Hare und Dr. Knox hatte immerhin zur Folge, dass die Zuweisung von Leichen zu Forschungszwecken liberalisiert wurde. So dienten die drei Herren auf indirektem Wege schließlich doch dem medizinischen Fortschritt. Edinburgh konnte seine Pionierstellung auf diesem Gebiet noch für viele Jahre sichern. Burke (links) und Hare