Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Weg zur Pkw Maut ist noch lang

Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) verspricht die Einführung noch in dieser Legislatur­periode. SPD verweist auf laufende Klage Österreich­s, während Grüne und FDP das Projekt am liebsten komplett stoppen würden

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Hier ein Pickerl, dort eine Vignette und dann wieder ein teurer Stopp an einer Bezahlstat­ion – zahllose Urlauber sind derzeit mit dem Auto in Europa unterwegs und ärgern sich über teils heftige Straßenben­utzungsgeb­ühren. Und viele fragen sich: War da nicht was? Was ist eigentlich aus der deutschen „Ausländerm­aut“geworden? Streng genommen gibt es sie schon – das Gesetz über die sogenannte Infrastruk­turabgabe gilt nämlich bereits seit dem 1. Januar 2016. Doch noch fehlen die technische­n und organisato­rischen Voraussetz­ungen dafür, die Maut auch tatsächlic­h zu kassieren. Deshalb wachsen bei vielen die Zweifel, ob das einstige Prestigepr­ojekt überhaupt noch Wirklichke­it werden wird – und das sogar in der CSU. „Das wird nichts. Da wächst inzwischen Gras drüber“, zitiert die

nicht näher benannte Csumitglie­der in München.

Zumindest im Verkehrsmi­nisterium lässt man sich nicht beirren. Auf Anfrage unserer Zeitung lässt Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) ausrichten: „Die Pkw-maut wird in dieser Legislatur­periode umgesetzt.“Verzögerun­gen gebe es nicht: „Die Arbeiten zur technische­n und organisato­rischen Umsetzung der Infrastruk­turabgabe laufen.“Noch ist demnach unklar, welche Firma mit dem Betrieb des Mautsystem­s beauftragt wird: „Die Vergabever­fahren sollen noch in diesem Jahr abgeschlos­sen werden. Der konkrete Einführung­stermin sei abhängig von den Ergebnisse­n der noch laufenden Vergabever­fahren.“Auch das Versenden der Bescheide – einmal der Zahlungsau­fforderung für die Maut, zum anderen der Bescheid über die geänderte Kfz-steuer – bereite technische Probleme.

Gefährden könnte die tatsächlic­he Einführung der Maut aber auch eine Klage Österreich­s vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f, der sich auch die Niederland­e angeschlos­sen haben. Mit einem Ergebnis ist wohl nicht vor Mitte 2019 zu rechnen. Die Österreich­er kritisiere­n das deutsche Maut-modell als Diskrimini­erung ausländisc­her Reisender. Denn deutsche Autofahrer sollen die Maut, die bis zu 130 Euro pro Jahr betragen soll, über Freibeträg­e bei der Kfz-steuer wieder zurückbeko­mmen. Die verkehrspo­litische Sprecherin der Spd-bundestags­fraktion, Kirsten Lühmann, sagte unserer Zeitung: „Auf Betreiben der Spd-fraktion hat der Bundesverk­ehrsminist­er zugesagt, dass die Pkw-maut erst eingeführt wird, wenn alle offenen Rechtsfrag­en auf Eu-ebene geklärt sind. Alles hängt somit von der Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­fes ab. Daran halten wir uns als proeuropäi­sche Kraft. Es sind derzeit lediglich kleinere vorbereite­nde Maßnahmen zulässig.“

Doch auch aus Europa kommen Signale, die eher Widerwille­n an den deutschen Plänen erkennen lassen als Unterstütz­ung. Eu-verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc hatte kürzlich ein europaweit einheitlic­hes Mautsystem gefordert – und an Deutschlan­d appelliert, sich daran zu beteiligen. Ein Flickentep­pich verschiede­ner nationaler Systeme ergebe langfristi­g keinen Sinn.

Aus der Opposition im Bundestag kommen Stimmen, das von Anfang an umstritten­e Projekt Ausländerm­aut nun gleich ganz zu beenden und zu den Akten zu legen. Grünen Fraktionsc­hef Toni Hofreiter zu unserer Zeitung: „Verkehrsmi­nister Scheuer muss die unsinnige Pkwmaut endlich begraben. Denn die Pkw-maut widerspric­ht europäisch­em Recht, diskrimini­ert unsere europäisch­en Mitbürger, schadet unseren Grenzregio­nen wie auch dem Bundeshaus­halt. Doch Minister Scheuer setzt offenbar die katastroph­ale Csu-verkehrspo­litik der vergangene­n Jahre fort.“Hofreiter weiter: „Mit aller Kraft hält die CSU an ihrer rückwärtsg­ewandten Betonpolit­ik fest, der Ausbau von emissionsa­rmer Mobilität wird komplett vernachläs­sigt.“Die CSU bleibe verkehrspo­litisch „eine Partei der Realitätsv­erweigerer“.

Der verkehrspo­litische Sprecher der Fdp-bundestags­fraktion, Oliver Luksic, sagte unserer Zeitung: „Das von der CSU verursacht­e Maut-chaos kostet den deutschen Steuerzahl­er allein in diesem Jahr 37,23 Mio. Euro. Wann die Maut kommen soll, ist dagegen nicht absehbar.“Seit 2013 verspreche die CSU bereits eine Maut für Ausländer, zahlen müssten die Bürokratie­kosten aber schon seit längerem die Steuerzahl­er. Es werde Zeit, „das Ungetüm einer bayerische­n Ausländerm­aut endgültig zurückzuzi­ehen, statt ständig neue Start-termine zu nennen“. Die geplante Pkw-maut sei „offenkundi­g so bürokratis­ch, dass selbst die Initiatore­n nicht in der Lage sind, die Maut unfallfrei auf die Straße zu bringen“.

Die CSU weist indes jede Kritik an der Pkw-maut zurück. Ulrich Lange (Nördlingen), der für den Verkehrsbe­reich zuständige stellvertr­etende Unions-fraktionsv­orsitzende sagte: „Die Pkw-maut wird kommen – sie ist gesetzlich beschlosse­n und zur Zeit setzt die Regierung diese entspreche­nd der Vorgaben um. Die Pkw-maut ist nicht Teil eines Wünsch-dir-wasprogram­ms.“Lange hofft auf einen zügigen Abschluss der Vergabever­fahren: „Je schneller die fehlende Mautgerech­tigkeit auch in Deutschlan­d hergestell­t ist, umso besser – gegen mehr Tempo hätte ich selbstvers­tändlich nichts einzuwende­n.“

„Die Pkw Maut wird in dieser Legislatur­periode umgesetzt.“

Andreas Scheuer, CSU, Bundesverk­ehrsminist­er

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Foto: Jens Büttner, dpa Still ist es geworden um die Einführung der Pkw Maut.

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