Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kampagne gegen Fake News beim Bafög

Viele junge Menschen holen sich in sozialen Netzwerken und bei Freunden Tipps für alle Lebenslage­n. Wenn es um die Studienfin­anzierung geht, kann das fatale Folgen haben

- VON EVA MARIA KNAB

Studentin Lisa Meier informiert sich im Internet. Doch manchmal bekommt sie in sozialen Netzwerken oder von Freunden Tipps, die mit Vorsicht zu genießen sind. Vor allem, wenn es um finanziell­e Dinge geht. „Wenn deine Eltern ein Haus haben, bekommst du kein Bafög“, hat sie oft gehört. Oder: „Mit Bafög stehst du nach dem Studium erst mal vor einem Schuldenbe­rg.“Für Experten sind das Fake News, also falsche Nachrichte­n. Das Problem dahinter: Immer weniger Studenten beantragen die staatliche Studienför­derung, etwa, weil sie schlecht informiert sind. Es gibt aber noch andere Gründe.

Doris Schneider, Geschäftsf­ührerin beim Studentenw­erk Augsburg, sagt: „Zu Bafög kursiert viel Halbwissen.“Oft würden auch im Familienun­d Freundeskr­eis falsche Informatio­nen dazu weitergege­ben. „Solchen Fake News werden wir mit verstärkte­r Informatio­n der Studierend­en begegnen“, kündigt sie an. Was dran ist an den häufigsten Vorurteile­n – oder auch nicht – kann man jetzt auf der Homepage des Studentenw­erks nachlesen. Ab Ok- ist eine Kampagne im Foyer der Uni-mensa geplant. Immer mittwochs werden Bafög-sachbearbe­iter von 11 bis 14 Uhr im Foyer Fragen beantworte­n und beim Ausfüllen von Anträgen helfen.

Aus Sicht von Fachleuten ist die Entwicklun­g beim Bafög insgesamt besorgnise­rregend, auch an den Hochschule­n in Augsburg und Kempten, für die das Studentenw­erk Augsburg zuständig ist. Zum Vergleich: Im Winterseme­ster 2013/14 gab es noch fast 7800 Bafög-anträge bei fast 30 700 Studierend­en. Im Winterseme­ster 2017/18 waren es nur noch gut 6400 Bafög-anträge bei rund 32 700 Studierend­en. Das zeigt: Einerseits sind die Studentenz­ahlen kontinuier­lich gestiegen. Anderersei­ts stellen immer weniger Studenten einen Antrag auf Studienfin­anzierung.

Mit der jüngsten Bafög-novelle in Deutschlan­d sollte die Zahl der geförderte­n Studenten eigentlich steigen. Doch die Realität sieht anders aus: 2016 erhielten nur noch 18 Prozent der Studierend­en in Deutschlan­d diese Förderung. Das ist ein historisch­er Tiefstand. Die Entwicklun­g sei auch beim Studentenw­erk Augsburg erkennbar, sagt Die Bundesregi­erung habe das selbst gesteckte Ziel klar verfehlt. „Es ist höchste Zeit, dass der Gesetzgebe­r beim Bafög endlich substanzie­lle Verbesseru­ngen umsetzt.“

Beim Studentenw­erk sieht man vier wichtige Handlungsf­elder für die Politik. Das Antragsver­fahren müsse einfacher werden. Denn die Zahlen zeigen: Rund ein Drittel der Studierend­en aus weniger gebildeten Elternhäus­ern stellen erst gar keinen Antrag. Sie finanziere­n ihr Studium stattdesse­n oft mit teuren Krediten. „Ein echter Online-antrag, verständli­che Formulare und eine einfachere Berechnung würden das Bafög wieder attraktive­r machen“, sagt Schneider.

Weiter empfehlen die Fachleute, die Bafög-freibeträg­e regelmäßig an die Einkommens­entwicklun­g der Eltern anzupassen. Auch die Bafögsätze selbst müssten an die Preisentwi­cklung in Deutschlan­d gekoppelt werden. Derzeit liegt der durchschni­ttliche Förderbetr­ag monatlich bei 476 Euro.

Schwer haben es Studenten, die ihre Regelstudi­enzeit überschrei­ten. Sie verlieren in der Regel ihre Förderung. Auch das müsse sich äntober dern, findet Schneider. Denn statistisc­h schaffen nur 40 Prozent ihren Abschluss in der vorgeschri­ebenen Semesterza­hl. Noch schlechter haben es Leute, die sich erst spät für ein Studium entscheide­n. Sind sie beim Start des Bachelorst­udiums älter als 30, haben sie bislang gar keischneid­er.

Drei Vorurteile und die Tatsachen zum Bafög

● Vorurteil: Meine Eltern besitzen ein großes Haus. Deswegen bekomm ich bestimmt kein Bafög.

● Beim Bafög Antrag spielt das Vermögen der Eltern keine Rolle. Ob der Papa fünf Autos in der Garage ste hen oder die Mama ein Grundstück mit Seezugang geerbt hat, ist dem Amt für Ausbildung­sförderung egal. Stattdesse­n ist für die Berechnung aus schlaggebe­nd, wie viel die Eltern verdienen und wie hoch das eigene Vermögen ist.

● Mit Bafög stehe ich nach dem Studium erst einmal vor einem Berg Schulden.

● Ja, wer Bafög erhält, macht Schulden. Doch die sind gedeckelt und halten sich im Vergleich zu einem Studienkre­dit in Grenzen. Denn die nen Anspruch auf Bafög. Doris Schneider ist aber eine Botschaft wichtig: Bafög sei die günstigste Art der Studienfin­anzierung. Mit dem Geld vom Staat für zehn Semester können das 44 100 Euro sein. Zurückbeza­hlen muss man höchstens 10 000 Euro, zinsfrei. Hälfte der Auszahlung­ssumme ist ein Geschenk vom Staat. Maximal müs sen 10 000 Euro zurückgeza­hlt werden – in kleinen Raten von 105 Euro monatlich und erst fünf Jahre nach der letzten Auszahlung, wenn man im Berufslebe­n steht.

● Mein Antrag wurde abge lehnt, jetzt kann ich mir das Bafög für den Rest des Studiums knicken.

● Auch wer erst einmal kein Bafög für sein Studium erhält, sollte einen weiteren Antrag stellen, sobald sich die finanziell­en Lebensumst­än de ändern. Wenn zum Beispiel ein El ternteil in Rente geht oder die Ge schwister ebenfalls eine Ausbildung be ginnen, wird neu berechnet und die Chancen auf einen positiven Bescheid steigen. (eva)

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Zuverlässi­ge Informatio­nen über die staatliche Studienför­derung Bafög gibt es ab dem kommenden Winterseme­ster auch im Foyer der Uni Mensa. Spezialist­en des Studentenw­erks beraten dort einmal pro Woche. Sie helfen auch beim Ausfüllen von Anträgen.
Foto: Peter Fastl Zuverlässi­ge Informatio­nen über die staatliche Studienför­derung Bafög gibt es ab dem kommenden Winterseme­ster auch im Foyer der Uni Mensa. Spezialist­en des Studentenw­erks beraten dort einmal pro Woche. Sie helfen auch beim Ausfüllen von Anträgen.

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