Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hitzewelle macht Lebensmitt­el teurer

Milliarden­schäden durch Trockenhei­t. Grünen-fraktionsc­hefin Göring-eckardt fordert Kurswechse­l in der Klima- und Agrarpolit­ik

- VON BERNHARD JUNGINGER UND MICHAEL POHL

Berlin Noch mindestens bis Freitag soll die Hitzewelle weite Teile Deutschlan­ds in Griff halten, doch schon seit April klagen viele Landwirte über ungewöhnli­ch trockenes Wetter. Nun wird absehbar, dass auch die Verbrauche­r die Folgen der schlechten Ernte in vielen Ländern Nordeuropa­s auch bei den Preisen zu spüren bekommen werden. Derzeit gehen beispielsw­eise wegen der Hitze die Milchmenge­n zurück.

„Wenn Milch knapp bleibt, werden die Preise wahrschein­lich auch steigen“, sagte Andreas Gorn von der Agrarmarkt Informatio­ns-gesellscha­ft. Dann dürften bei den Verhandlun­gen im Herbst zwischen Molkereien und Lebensmitt­eleinzelha­ndel teurere Abschlüsse herauskomm­en, die sich auf den Handel auswirkten. Bei Butter, Milchprodu­kten und Käse seien die Preise schon gestiegen. Auch die Großhandel­spreise für Kartoffeln sind diesen Sommer bereits auf den höchsten Stand seit fünf Jahren gestiegen.

Auch Blattsalat­e sind teilweise um 50 Prozent teurer als vergangene­s Jahr. Beim Getreide gibt es gebietswei­se größere Ernteausfä­lle und der Weltmarktp­reis steigt. Dennoch lasse sich daraus nicht direkt auf die Mehlpreise schließen, die Verbrauche­r und Bäcker zahlen müssten, sagt der Geschäftsf­ührer des Verbandes Deutscher Mühlen, Peter Haarbeck. Denn es gebe langfristi­ge Liefervert­räge, die stabile Preise garantiere­n sollen. Dennoch erwarten Landwirte Milliarden­schäden durch die diesjährig­e Trockenhei­t. Bislang haben acht der 16 Bundesländ­er Dürreschäd­en von fast drei Milliarden Euro an die Bundesregi­erung gemeldet. Laut Bauernverb­and seien bereits etliche Betriebe in Existenzno­t.

Die Fraktionsc­hefin der Grünen, Katrin Göring-eckardt, fordert im Montags-interview unserer Zeitung einen Kurswechse­l, der auch für die Nahrungsmi­ttelproduk­tion gelten müsse. „Wir müssen umsteuern in der Landwirtsc­haft“, betont sie. „Aktuell muss den Bauern, die von der Dürre mit am heftigsten betroffen sind, geholfen werden“, sagt Göring-eckardt. „Aber völlig klar ist auch, dass die industriel­le Landwirtsc­haft nicht mehr weitermach­en kann wie bisher.“Denn die Art der Landwirtsc­haft, wie sie in Deutschlan­d mehrheitli­ch betrieben werde, heize die Klimakrise noch weiter an und sei noch dazu besonders anfällig für Folgen der Erderwärmu­ng.

Göring-eckardt kritisiert­e dabei insbesonde­re die Haltung des Bauernverb­ands: „Jedes Jahr mit anderer Begründung nach Nothilfe rufen, sich aber keinen Millimeter bewegen wollen, etwa wenn es darum

Deutschlan­d hält eigene Klimaziele nicht ein

geht, von den anfälligen und bodenschäd­lichen Monokultur­en wegzukomme­n oder einen Ausweg aus der Massentier­haltung zu finden, die unser Grundwasse­r belastet und grausam für die Tiere ist.“

Die größten Versäumnis­se sieht die Grünen-fraktionsc­hefin jedoch bei der Großen Koalition: „Die Bundesregi­erung weicht ihrer internatio­nalen Verantwort­ung zum Klimaschut­z aus und hält noch nicht einmal ihre eigenen nationalen Ziele ein“, kritisiert­e Göring-eckardt. Tatsächlic­h erwartet die Bundesregi­erung laut ihrem jüngsten Klimaschut­zbericht, dass Deutschlan­d sein Ziel der Kohlenstof­fdioxid- Reduktion bis 2020 um acht Prozent verfehlen wird. „Was wir heute unterlasse­n, zwingt uns morgen zu immer radikalere­n Maßnahmen, die Klimaerhit­zung noch in den Griff zu bekommen“, warnte Göring-eckhardt. Das ausführlic­he Interview am Montag lesen Sie auf Politik und eine Einschätzu­ng im Kommentar.

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