Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Power Pop im Feinripp Unterhemd

Zum Finale des Festivals treten mit Kärbholz alte Bekannte auf

- VON ANDREAS ALT

Die Rückkehr der Deutschroc­ker von Kärbholz bildet den gelungenen Abschluss des Festivals Sommer am Kiez auf dem Oberhauser Helmuthall­er-platz. Mehrere 100 Fans feiern die Band, die in den vergangene­n sieben Jahren mehrmals in den Charts aufgetauch­t ist. Sicherheit­shalber haben die Rheinlände­r eine Busladung voll heimischer Anhänger mitgebrach­t, aber die Augsburger können sich an den Auftritt beim letztjähri­gen Kiez noch gut erinnern und singen etliche Songs aus Leibeskräf­ten mit. Im Vorprogram­m ist das Augsburger Punk-quartett Sehnsucht zu erleben.

Die Geräuschku­lisse eines Polizeiein­satzes markiert den Auftakt des Kärbholz-konzerts. Es besteht kein Grund zur Besorgnis: Sänger Torben Höffgen will eine „Überdosis Leben“(der Titel des aktuellen Albums), und das ist wohl nicht strafbar. Die vier Bandmitgli­eder sind allesamt sympathisc­he Badasstype­n. Höffgen tritt mit weißem Feinripp-unterhemd, Dreitageba­rt und angerauter Stimme auf. Optisch passen die drei anderen Bandmitgli­eder so perfekt zu ihm, als wären sie mühevoll gecastet worden. Angeblich stammen aber alle aus dem Dorf Ruppichter­oth bei Bonn und kennen sich teils bereits aus dem Kindergart­en.

Musikalisc­h sind die Rheinlände­r nicht so leicht einzuordne­n. Begonnen haben sie als Böhse-onkelz-coverband, im Publikum sind viele Onkelz-shirts auszumache­n. Kärbholz haben einen Hang zur Glorifizie­rung ihrer Heimat, sind aber ansonsten unpolitisc­h. Auch wenn Kärbholz schon in Wacken waren, sind die Jungs besser unter dem Etikett Power-pop untergebra­cht. Zum Ende des Konzerts bekommen sie deutlich Kuschelroc­k-schlagseit­e.

Zwei Aufgaben haben alle Bands, die bei Sommer am Kiez mitmachen: Einmal im Laufe ihres Konzerts müssen sie für Alkohol werben (quasi eine Werbeeinbl­endung von „Bob’s“). Und sie müssen (wegen der Nachbarn) um Punkt 22 Uhr aufhören. In dieser Hinsicht beweisen Höffgen und seine Mitstreite­r hervorrage­ndes Timing. Schon kurz nach 21.30 Uhr will er das Konzert beenden – sich darauf verlassend, dass die Menge Zugaben fordert. „Wollen wir noch ’ne Runde rocken, wa?“, fragt er scheinheil­ig.

Etwas unklar bleibt, wie Kärbholz ihren Auftritt in Augsburg sehen. Die Besucher tun das Menschenmö­gliche, um die Band abzufeiern. In der Heavy Rotation der Radiosende­r und im Musikferns­ehen ist die Combo offensicht­lich noch nicht angekommen, aber Höffgen ist inzwischen deutlich größere Arenen gewohnt. An einer Stelle entschlüpf­t ihm das verräteris­che Wort vom Augsburger „Straßenkre­uzungsfest­ival“. Da haben aber die Augsburger Fans nicht so genau hingehört, die auch nach Konzertend­e noch eine Weile unverdross­en Zugaben fordern.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Torben Höffgen – Dreitageba­rt und angeraute Stimme – tritt mit „Kärbholz“zum Abschluss von „Sommer am Kiez“auf.
Foto: Michael Hochgemuth Torben Höffgen – Dreitageba­rt und angeraute Stimme – tritt mit „Kärbholz“zum Abschluss von „Sommer am Kiez“auf.

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