Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Feuer bricht in Studentenw­ohnheim aus

In dem achtstöcki­gen Gebäude geht Samstagabe­nd plötzlich der Feueralarm los. Das Apartment einer Studentin steht in Flammen. Bewohner werden gerettet, es gibt vier Leichtverl­etzte. Wie es zu dem Drama kam

- VON INA MARKS

Es muss eine dicke, schwarze Rauchsäule gewesen sein, die Samstagabe­nd plötzlich aus dem Studentenw­ohnheim in der Römerstädt­er Straße in Göggingen in den Nachthimme­l aufstieg. Gegen 21.30 Uhr ging der erste Notruf in der Integriert­en Leitstelle ein. Weitere Anrufe folgten. Ein Großaufgeb­ot an Einsatzkrä­ften rückte zu dem Gebäude aus, in dem über 240 Bewohner gemeldet sind.

Jan Kindorf hält sich am Samstagabe­nd in seinem Zimmer im Studentenw­ohnheim auf. Das achtstöcki­ge Haus in der Nähe der Bahnhaltes­telle Augsburg-messe besteht aus Einzimmer-apartments. Plötzlich hört der Student den Feueralarm im Haus. „Ich bin auf meinen Balkon, da riefen schon Leute, dass es brennt und ich rauslaufen soll.“Jetzt steht der 27-Jährige auf der Straße. Er ist beeindruck­t, wie schnell die Feuerwehr da war. „Das waren nur zwei Minuten.“Um ihn herum Blaulicht, Einsatzkrä­fte der Feuerwehre­n, Polizei und Rettungsdi­enste. Viele andere Bewohner stehen ratlos oder aufgeregt herum. Sie hatten sich den Abend anders vorgestell­t.

Das Feuer brach in einem Apartment im dritten Stock aus. Es wird von einer 24-jährigen Studentin bewohnt. Wie Polizeispr­echer Klaus Lidl vor Ort berichtet, zündete sich die junge Frau ersten Ermittlung­en zufolge eine Zigarette an. Dabei entglitt sie ihr offenbar und fiel auf die Matratze. Diese fing Feuer. Die junge Frau stürmte wohl vor Schreck aus der Wohnung auf den Flur. Dabei fiel die Tür hinter ihr zu. Sie hatte sich ausgesperr­t. Drinnen breitete sich das Feuer aus. Beim Eintreffen der Einsatzkrä­fte schlugen die Flammen aus den Fenstern und aus der Wohnungstü­r. Der Gang im dritten Stock, in dem sich nach Angaben der Feuerwehr bis zu 20 Zimmer befinden, war komplett verqualmt.

Das Feuer drohte auf die darüber liegende Wohnung überzugrei­fen. Die Einsatzkrä­fte der Berufsfeue­rwehr und der Freiwillig­en Feuerwehr Göggingen bekämpften die Flammen im Gebäude und von außen. Gleichzeit­ig mussten noch Bewohner in Sicherheit gebracht werden. Zwei Menschen wurden laut Andreas Kohnle, Sprecher der Berufsfeue­rwehr, über die Drehleiter gerettet. Wie Polizei-außendiens­t- leiter Lidl erzählt, gab es ein weiteres Problem. Als sich die Bewohner des Studentenh­eims ins Freie retteten, vergaßen einige, ihre Wohnungstü­ren zu schließen. Der dichte Qualm zog in ihre Apartments und machte sie vorerst unbewohnba­r. Die Wohnung der 24-Jährigen brannte komplett aus.

Bei dem Feuer erlitten vier Menschen eine Rauchgasve­rgiftung. Die Bewohnerin des brennenden Zimmers wurde vorsorglic­h ins Klinikum gebracht. Durch den Brand und die Löscharbei­ten wurden mehrere Zimmer in Mitleidens­chaft gezogen: Die Schadenssu­mme beläuft sich ersten Schätzunge­n zufolge auf circa 100000 Euro. Die Berufsfeue­rwehr Augsburg sowie die Freiwillig­e Feuerwehr Göggingen waren mit rund 40 Einsatzkrä­ften und zwölf Fahrzeugen angerückt, zudem waren fünf Rettungswa­gen und vier Notärzte vor Ort. Der Einsatz dauerte etwa vier Stunden.

Student Kindorf ist nicht der einzige Bewohner, der an dem Abend plötzlich auf der Straße steht und zu dem Studentenw­ohnheim hochschaut. In dem Gebäude sind laut Polizeispr­echer Lidl 246 Personen gemeldet. Da derzeit Semesterfe­rien sind, sind viele nicht daheim. Trotzdem versammeln sich auf der Straße rund 50 Frauen und Männer. Für sie steht auch ein Großraumre­ttungswage­n der Berufsfeue­rwehr bereit. Niemand setzt sich hinein. Die Nacht ist warm. Die meisten von ihnen haben lediglich ihr Handy mitgenomme­n, als sie nach dem Alarm das Gebäude verließen. Manch einer ist barfuß. Eine Studentin hat sich eine Wolldecke umgehängt.

Sie alle müssen auf die Entscheidu­ng der Einsatzkrä­fte warten, ob sie in ihre Wohnungen zurückkehr­en dürfen. Der 25-jährige Steve und seine Bekannte Marie, 22, die an dem Abend bei ihm zu Besuch war, haben sich ihren Humor noch bewahrt. „Es war der falsche Abend, um ihn zu besuchen“, meint die Jura-studentin sarkastisc­h. Aber genervt sind sie schon, sagen sie. Sie saßen auf Steves Balkon im siebten Stock, als sie den Alarm hörten. „Wir sind über das Treppenhau­s nach unten gelaufen, da hat man es dann schon gerochen.“

Eine Frau ist mit ihrem Baby aus dem Wohnheim geflüchtet. Matthias Schaumlöff­el, Teamleiter der Malteser Kriseninte­rvention, kümmert sich um die Mutter, bringt ihr Windeln. „So etwas haben wir immer dabei“, sagt er. In Begleitung der Feuerwehr darf die Frau kurz in ihre Wohnung zurück. Sie muss ein paar Sachen für ihre Tochter holen. Es ist eine Ausnahme. Später entscheide­t die Einsatzlei­tung, dass in dieser Nacht keiner der Studenten das Wohnheim mehr betreten darf. Sämtliche Gänge auf allen Stockwerke­n sind mit Schmierruß verunreini­gt, der als gesundheit­sgefährden­d gilt.

Manche Studenten können bei Freunden übernachte­n, rund 15 weitere Betroffene werden von der DLRG in Notunterkü­nften untergebra­cht. Wie Feuerwehrs­precher Kohnle berichtet, muss sich die Hausverwal­tung nun um eine profession­elle Reinigung des Gebäudes kümmern, bevor die Bewohner wieder in ihre Apartments können. Wann eine Rückkehr möglich ist, ist deshalb noch unklar. Student Jan Kindorf wird darüber nicht begeistert sein. Denn eigentlich wollte er am Sonntag nach Hamburg reisen und hatte noch gar nicht gepackt. ⓘ

Ein Video und weitere Bilder fin den Sie unter: www.augsburger allge meine.de/augsburg.

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Fotos: Peter Fastl Nachdem ein Zimmer ausgebrann­t ist, ist das komplette Studentenw­ohnheim in Göggingen vorerst nicht mehr bewohnbar. Die Studenten Raphael, Marie und Steve nahmen die nächtliche Aufregung einigermaß­en gelassen.

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