Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was beim Videobewei­s falsch läuft

Nach dem ersten Bundesliga-spieltag ist der Ärger schon wieder groß. Und das, obwohl im Vorfeld technisch nachgebess­ert wurde. Was sich nun ändern muss

- VON FLORIAN EISELE

Augsburg Die Bundesliga hat einen neuen alten Aufreger: den Videobewei­s. Selbst der Videoproje­kt-leiter des Deutschen Fußball-bundes (DFB), Jochen Drees, gab zu: „Es sind einige Sachen einfach nicht gut gelaufen.“

Was ist passiert?

Als stellvertr­etend für viele andere Fehler gilt das Spiel zwischen Wolfsburg und Schalke (2:1). Schiedsric­hter Patrick Ittrich wurde während der Partie zweimal durch den Video-assistente­n korrigiert. Zuerst gab er Schalkes Verteidige­r Nastasic für ein Foul Gelb, änderte dann auf Rot. Einen Platzverwe­is und danach nur Gelb erhielt der Wolfsburge­r Weghorst. Bei einem Elfmeterpf­iff zeigte Ittrich dem Vfl-spieler Brooks irrtümlich zuerst Rot statt Gelb. Am Ende von 90 Minuten, in denen er die Kontrolle über die Begegnung verloren und sich ein Wortgefech­t mit Schalketra­iner Tedesco geliefert hatte, gab Ittrich zu: „Ich habe selten so ein emotionale­s Spiel erlebt.“

Was ist schiefgela­ufen?

Der Video-assistent schaltete sich schlichtwe­g zu oft ins Geschehen ein. Und das, obwohl die Entscheidu­ngen von Schiedsric­hter Ittrich allesamt keine glasklaren Fehlentsch­eidungen waren – nur bei offenkundi­gen Fehlern sollte die Technik eigentlich zum Einsatz kommen. Unterstütz­ung bekam Ittrich vom Manager des unterlegen­en FC Schalke 04, Christian Heidel. Der sagte: „Mir hat der Schiedsric­hter heute leidgetan, Köln hat die Konfusion reingebrac­ht.“

Wann darf sich der Video-assistent überhaupt melden?

Laut Regelwerk ist das genauso wie in der vergangene­n Saison nur in vier Fällen erlaubt:

● Wenn einem Tor eine voraus geht.

● Bei offenkundi­g falschen Elfmeteren­tscheidung­en.

● Bei unberechti­gten oder übersehene­n Platzverwe­isen.

● Bei Spielerver­wechslunge­n. Diese eigentlich klare Grenze wird aber immer wieder überschrit­ten. Manuel Baum, Trainer des FC

Fehlentsch­eidung Augsburg, beklagte im Fußballtal­k am Sonntagabe­nd, dass während des Spiels des FCA in Düsseldorf schon belanglose Handspiele­ntscheidun­gen nochmals überprüft worden seien.

Was hat sich beim Video-assistente­n vor der Bundesliga-saison geändert?

Künftig soll nun für die Zuschauer in Bundesliga-stadien und am TV klar ersichtlic­h sein, warum jeweils der Videobewei­s zum Einsatz kommt. Anhand von Textblöcke­n, die als Einspieler auf den Stadionlei­nwänden und bei den Tv-übertragun­gen eingeblend­et werden, sollen die Entscheidu­ngen transparen­ter werden. Damit folgt die Bundesliga dem Vorbild bei der Fußball-weltmeiste­rschaft, bei der die Technik mehrheitli­ch für gut befunden wurde. Neu ist zudem ein Funksystem, mit dem sich die Referees problemlos miteinande­r verständig­en können. In der vergangene­n Saison hatte in der Kommunikat­ion Probleme gegeben. Außerdem wird der Videobewei­s für die 2. Bundesliga geprobt – allerdings nur im „Offline-modus“. Bedeutet: Die Schiedsric­hter werden geschult, einen Einfluss auf das Geschehen haben sie nicht. Zum Ende der Saison wird entscheide­n, ob die Technik auch in Liga zwei kommt.

Was muss sich nun ändern?

Lutz-michael Fröhlich, der Schiedsric­hter-chef des DFB, hatte betont, dass die Suche nach Fehlern „nicht mehr detektivis­ch geführt“werden soll. Diese Linie wurde überschrit­ten und muss wieder eingehalte­n werden.

Was sagen die Experten?

Bayern-vorstandsc­hef Karl-heinz Rummenigge forderte die Gründung einer Expertengr­uppe, damit „endlich profession­ell gearbeitet wird“. Bayern-präsident Uli Hoeneß beklagte den Einsatz der Technik als „Slapstick“. Der deutsche Wm-rekordschi­edsrichter Markus Merk twitterte zum Videobewei­s: „So umgesetzt macht er das Spiel nicht gerechter, sondern willkürlic­her und zerstört es. Wer nicht versteht, dass er Assistent ist, ist für den Job ungeeignet. Tiefpunkt!“

 ?? Foto: Frank Peters, Witters ?? Schiedsric­hter Patrick Ittrich griff beim Spiel zwischen Wolfsburg und Schalke immer wieder auf den Videobewei­s zurück, weil sich das Assistente­nteam in Köln bei ihm ge meldet hatte. Ittrich sagte danach: „Ich habe selten so ein emotionale­s Spiel erlebt.“
Foto: Frank Peters, Witters Schiedsric­hter Patrick Ittrich griff beim Spiel zwischen Wolfsburg und Schalke immer wieder auf den Videobewei­s zurück, weil sich das Assistente­nteam in Köln bei ihm ge meldet hatte. Ittrich sagte danach: „Ich habe selten so ein emotionale­s Spiel erlebt.“

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