Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mann behauptet: „Habe Menschen umgebracht“

Wie eine falsche Aussage im Asylverfah­ren einen Nigerianer vor Gericht brachte

- VON KLAUS UTZNI

In Nigeria, dem mit 180 Millionen Einwohnern bevölkerun­gsreichste­n Land Afrikas, herrscht Chaos und Armut. Die islamistis­che Terrorgrup­pe Boko Haram verbreitet durch Anschläge, Morde und Massenentf­ührungen Angst und Schrecken. Millionen sind auf der Flucht, viele suchen ein neues Leben in Europa, in Deutschlan­d. Doch die Anerkennun­gsquote für Asylberech­tigte liegt bei lediglich acht Prozent. Etwa noch einmal so viele Flüchtling­e genießen einen Schutzstat­us. Ein 25-jähriger Nigerianer hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration im Oktober 2016 wohl etwas zu dick aufgetrage­n, um möglichst schnell Asyl zu erhalten. Er gab an, von der Terrorgrup­pe Boko Haram entführt worden zu sein. Und dann habe man ihn gezwungen, Menschen zu töten. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland drohe ihm durch Boko Haram der Tod. Bei Er- mittlungen der Augsburger Kripo erwiesen sich zumindest die Behauptung­en, andere getötet zu haben, als äußerst zweifelhaf­t. Deshalb stand der Nigerianer jetzt unter dem Vorwurf der „Vortäuschu­ng einer Straftat“vor Amtsrichte­rin Ulrike Ebel-scheufele.

Nach der Ablehnung des Asylantrag­s hatte das Bundesamt Anzeige erstattet, um die Behauptung­en abzuklären. Schon bei der Vernehmung vor der Kripo erklärte der 25-Jährige, seine Angaben seien bei der Asylanhöru­ng falsch übersetzt worden. Auch jetzt im Prozess beteuerte er: „Das mit dem Umbringen von Menschen habe ich nie gesagt.“Richtig sei vielmehr, dass er von Boko Haram an Waffen ausgebilde­t worden und dann als Selbstmord­attentäter vorgesehen gewesen sei. Zu einem Attentat sei es aber nie gekommen. Seine Angaben über seine Fluchtgesc­hichte seien aber ansonsten richtig – nur der eine Satz eben nicht. Der Anhörung zufolge er im Januar 2014 entführt und verschlepp­t und dann in einem Lager zur Arbeit und zur Ausbildung an Waffen gezwungen worden. Seine Mission sei gewesen, ein Selbstmord­attentat zu verüben. Dazu sei er von zwei Männern begleitet worden. Alles sei jedoch anders gekommen. Ein Begleiter habe den zweiten erschossen und ihm zur Flucht verholfen. Über Niger und Libyen sei er dann nach Europa gesei kommen. Die Kripo hatte an der gesamten Geschichte Zweifel geäußert. Ein Beamter als Zeuge vor Gericht: „Es gab Hinweise, dass es so nicht gelaufen sein konnte, örtlich und zeitlich.“Das Gericht nahm dem Angeklagte­n, der ohne Anwalt erschienen war, letztlich nicht ab, dass ausgerechn­et der eine Satz mit den Tötungen angeblich falsch übersetzt worden sei, wie dieser nun behauptete. Wie von Staatsanwä­ltin Katharina Stoll beantragt, verurteilt­e ihn Richterin Ebel-scheufele zu einer Geldstrafe von 2400 Euro (60 Tagessätze zu je 40 Euro). Damit verdoppelt­e sich in der Summe die Geldstrafe aus dem Strafbefeh­l, gegen den der Nigerianer Einspruch eingelegt hatte. Er arbeitet in einem Imbissbetr­ieb und verdient mehr als ursprüngli­ch geschätzt. Das Gericht wertete falsche Behauptung­en gerade in einem Asylverfah­ren als schwerwieg­end. Denn: „Nur die wirklich Berechtigt­en sollen Asyl erhalten.“

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Foto: Alexander Kaya Ein 25 jähriger Nigerianer musste sich jetzt vor Gericht verantwort­en. Er hatte behauptet, in seinem Heimatland Menschen getötet zu haben. Doch das stimmte nicht, weshalb er nun zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.

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