Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wiener Schmäh in Liedern

Die Literatur im Biergarten endet mit dem Machatsche­k

- VON NINA STAZOL

Ruhig steht er da, der Machatsche­k, mit herabhänge­nden Armen und sagt dem Augsburger Publikum, das auch zur letzten Veranstalt­ung der diesjährig­en Reihe „Literatur im Biergarten“noch einmal zahlreich erschien, freundlich „Hallo“und beginnt in gepflegtem Wienerisch zu erzählen. „Das Gegenteil von perfekt ist Dialekt, also menschlich halt“, sagt er, und wie er überhaupt dazu kam, auf Bühnen wie dieser herumzusin­gen. Ob das Wahrheit oder Mythos ist, er Original oder Kunstfigur, ist nicht auszumache­n.

Ganz egal, denn das Wetter ist herrlich, die Ankündigun­g des Buchhändle­rs und Organisato­rs Kurt Idrizovic herzlich und die Geschichte vom bodenständ­igen Maurer, der bankrottgi­ng und aus der Not heraus zu singen begann, steht Machatsche­k gut. Außerdem macht sie ihn augenblick­lich sympathisc­h, mitsamt Dialekt, „menschlich halt“. Gekonnt wie hilflos mutet sein erstes Lied an. Mit fast eintönigem Sprechgesa­ng zu schnarrend­er Gitarrenbe­gleitung auf gefühlt drei Akkorden und fiependem Kazoo singt der Jungwiener mit Sonnenbril­le

Süßlich lakonische Sommerschw­ere

von sich selbst und bringt das schwäbisch­e Publikum zum Schmunzeln. Gern lachleidet man mit so einem, der schon mal ganz unten war.

Mit ihm gelitten haben laut Gründungsm­ythos zwei Freunde, die seine Geschichte(n) zu Papier bringen, selbst aber inkognito bleiben. Machatsche­k drohte kurzerhand, dazu Lieder zu komponiere­n, wenn sie Ernst machten: Inzwischen gibt es das Ganze – je ein Buch mit eingeklebt­er CD – als „Original Wiener Liederatur“, das der selbst ernannte Musiker klingelput­zend in Buchhandlu­ngen zum Verkauf anbot.

Im Stil des Wiener Liedes legt sich süßlich lakonische Sommerschw­ere über den Biergarten (bei „I pfeif ausm Summaloch“), lässt der Machatsche­k großmaulig­e bis düster morbide Witze fliegen. Es ist ein unterhalts­ames Programm, von derben Schnurren à la „Ehemann will seine ,Oide‘ loswerden“mal abgesehen.

Herrlich erfrischen­d ist Machatsche­ks schräge Wiener Schmähfant­asie, zum Beispiel in der Ballade vom Steffl. Darin entflieht das Wiener Wahrzeiche­n entnervt nach Rom und klagt (im Falsett) dem Petersdom beim Kaffeetref­f „vo de bledn Leid, die eim jedn Glauben raubn“. Woraufhin das italienisc­he alte Haus (im Italorappe­r-slang) vorschlägt, gemeinsam auszubüchs­en und wegen der „feichdn Dram“Notre Dame zu fragen, ob sie nicht auch mitkommen mag. Das Augsburger Publikum indes bleibt bis zum Ende und freut sich über einen gelungenen Abschluss der Literatur im Biergarten.

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Foto: Michael Hochgemuth Der Machatsche­k (links) mit Franz Lö chinger im Biergarten „Drei Königin nen“.

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