Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Haunstettens Kulturmacher
Glücklich der Stadtteil, der einen solchen Verein hat: Der Kulturkreis organisiert Ausstellungen und Konzerte und bewahrt gleichzeitig die Vergangenheit
Gleich die Treppe hoch zu den eigenen Räumen des Kulturkreises Haunstetten? Nein, da bekommt man einen falschen Eindruck vom Verein. Also führt Jutta Goßner, die Vorsitzende, ihren Besucher nur ein paar Meter weiter zum alten Rathaus Haunstettens. Dieses Schild dort oben am Eingang, das sei auf Bestreben des Kulturkreises Haunstetten angebracht worden. Eine Tafel, die kurz und bündig die Geschichte erzählt. In der Innenstadt weist die Stadt Augsburg damit auf ihre historischen Bauwerke hin, in Haunstetten habe der Kulturkreis das Schild selbst finanzieren müssen. Und da, im Eingangsbereich des Rathauses, dieser alte Grenzstein des ehemaligen Reichsstifts St. Ulrich und Afra, auch der stehe an dieser Stelle nur, weil es den Kulturkreis Haunstetten gibt.
Und schon ist man mittendrin im Leben dieses Vereins. Goßner sagt das nicht, weil sie sich wichtigmachen will, sondern wie eine wild entschlossene Kämpferin für ihre Sache: Haunstetten mit seinem kulturellen Leben und seiner Geschichte. Je länger dieses Gespräch dauert, desto mehr bekommt man den Eindruck, dass man so weit im Süden der Stadt einfach immer doppelt so laut auf sich aufmerksam machen muss, um gehört und beachtet zu werden.
Die Geschichte des Kulturkreises beginnt 1990. Damals hat sich aus einer Ausstellung, die Arbeiten Haunstetter Hobbymaler präsentierte, ein Kreis Engagierter zusam- mengetan, der sich fest vorgenommen hat, das Kulturleben des Stadtteils ehrenamtlich entscheidend zu bereichern. 27 Jahre später gibt es den Verein immer noch und die wesentliche Agenda hat sich nicht geändert: ein Kulturprogramm für Haunstetten zu gestalten. Mit Partnern zusammen werden Vorträge, Ausstellungen und Konzerte sowie Führungen und Ausflüge organisiert. Halbjährlich erscheint ein neues Programm, mal mit zwei, mal mit sieben Veranstaltungen pro Monat.
Gleichzeitig unterhält der Verein ein umfangreiches Archiv, sammelt Unterlagen und historisch relevante Fotografien. Ein Großteil des ursprünglichen Materials geht auf Ludwig Feigl zurück, der in dieser Zeitung über viele Jahrzehnte die Stimme Haunstettens und ein passionierter Sammler war. Das Bewahren von Erinnerungen und Geschichten ist das zweite wesentliche Standbein des Vereins. „Wenn man in einem Stadtteil oder in einer Stadt Gemeinschaft stiften will, braucht man Veranstaltungen und Erinnerung“, sagt Goßner.
Immer wieder geht der Verein nebenbei Projekte an, die viel Leidenschaft erfordern, die die Vereinskasse aber stark beanspruchen. Zum Beispiel sind drei wissenschaftlich ausgearbeitete Broschüren erschienen: zu archäologischen Funden in und um Haunstetten, zu Haunstetten im Jahr 1945 und zu den Opfern des Nationalsozialismus. Aktuell steht gerade die Digitalisierung der Archiv-bestände im Fokus. Allerdings winkt Goßner da gleich ab. „Komplett schaffen wir das nie“, dafür fehlen dem Verein die Ressourcen. Aber ausgewählte Bereiche des Archivs sollen zugänglich gemacht werden.
Selbstredend, dass jeden Dienstag zu unserer Sommerserie „Kultur aus Haunstetten“auch Mitglieder des Kulturkreises kommen, um uns mit dem Stadtteil, der früher eigenständig war, vertraut zu machen. Und wenn es am heutigen Dienstag zur Messerschmitt-siedlung geht, dann auch deshalb, weil der Kulturkreis Haunstetten sich für die Erforschung der Siedlungsgeschichte starkgemacht hat. Glücklich ein Stadtteil mit einem solchen Verein.