Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Analytisches Denken, klares Spiel
Nachruf Gottfried Hefele, der Augsburger Pianist par excellence, ist in der Nacht zum Montag gestorben
Er besaß zweifellos das Zeug, mehr zu sein als eine süddeutsche Instanz, eine süddeutsche Koryphäe. Aber seine Gestimmtheit und auch ein Stück persönliches Schicksal und ein Stück persönliche Tragik waren dann doch maßgeblich dafür, dass er – bodenverhaftet wie er war – vor allem in Bayern und konzentriert in Bayerisch-schwaben mit der hohen Kunst tief empfundenen Klavierspiels den Musik-connaisseur beglückte.
Das wird nun nicht mehr sein. Gottfried Hefele, dieser Pianist, den vor allem die Klarheit seines Tons und damit die Verständlichkeit der Sprache Musik auszeichnete, Gottfried Hefele, den Meisterschaft und Wirkkraft vor Ort ehrten, ist tot. Er starb in der Nacht zum Montag an tückischer Krankheit in Augsburg, wo er 1951 geboren wurde, wo er das Gymnasium St. Stephan, diese erste Schmiede für viele gute und etliche große Musiker besuchte, wo er zuletzt auch wieder wohnte – nach einem Abstecher aufs Land.
Was in Gottfried Hefele als Kapazität steckte, das illustriert vielleicht am besten eine zeitliche Klammer seiner künstlerischen Biografie – nämlich der
1973 und dann, ab 2002, die Klavier-professur an der Musikhochschule München. Seine Pädagogik zeichnete aus, dass er auf der Basis scharfer musikalischer Analyse musikalische Hinweise zur Vervollkommnung des pianistischen Handwerks und der interpretatorischen Gestaltung geben konnte – und gleichzeitig auf seine Schüler motivierend wirkte, und zwar mit erkennbar schwäbischem Dialekt. Dass er ein Spezialist in Sachen Johann Sebastian Bach war und auch einer der farbenreichen, französischen klassischen Moderne plus Strawinsky, deckt sich eben mit seiner besonderen Fähigkeit zur Klarheit des Tons.
In seiner Pianisten-hochzeit, also nach seinem Münchner Meisterklassendiplom bei Professor Hugo Steuerer und nach seinem angehängten Us-studium bei Leonard Shure, konzertierte Hefele mit den Orchestern aller großen Rundfunkanstalten in Deutschland und solistisch auch international. Gleichzeitig blieb Hefele, übrigens ein Vielleser,
Archiv Foto: Eukitea aber immer seiner Heimatstadt und deren Umgebung verbunden – sowie der Musik des fortgeschrittenen 20. Jahrhunderts.
In den 90er Jahren, als klar war, dass Hefele weit mehr Interesse an der Musik besaß als an der Selbstvermarktung seiner Person, intensivierte er seine kammermusikalischen Aktivitäten – u. a. im ansässigen Seraphin Trio mit dem Augsburger Geiger Wilhelm F. Walz. Und so trat er in ungezählten Philharmonischen Matineen und Nachtkonzerten des Theaters sowie beim Tonkünstlerverband Augsburg auf – immer als Garant auch für klangliche Balance und Transparenz.
67 Jahre alt wurde Gottfried Hefele, der – vergleichbar mit Leonard Bernstein – auch den genussreichen Seiten des Lebens zugetan war. Aber an erster Stelle stand die Musik und ihre Vermittlung. Seine Schülerschaft profitierte davon und – weniger spektakulär als ergiebig – sein Auditorium.