Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bagger machen den Weg frei fürs Wohnquarti­er

Auf dem Zeuna-stärker-areal in Oberhausen sollen in einigen Jahren bis zu 1400 Menschen leben. Ein Großteil der Werksgebäu­de ist abgerissen. Bald geht es ans Entsorgen der Altlasten

- VON ANDREA BAUMANN

„Betreten der Baustelle verboten“, warnt eine Tafel am Eingangsto­r zum einstigen Betriebsge­lände der Firma Zeuna Stärker in Oberhausen. Die Zeiten, in denen hier Abgassyste­me für Fahrzeuge entwickelt und hergestell­t wurden, sind längst vorbei. Aus dem Industries­tandort, der durch eine Mauer vor neugierige­n Blicken geschützt wird, ist eine Brache geworden.

Dass seit ein paar Monaten wieder Lebenszeic­hen nach draußen dringen, hat nichts mit einer Reaktivier­ung des Betriebs zu tun. Im Gegenteil: Die Abrissbagg­er sind auf dem Areal nördlich der Äußeren Uferstraße am Werk, um den Weg frei zu machen für ein neues Kapitel. Die Industrieb­rache verwandelt sich in den nächsten Jahren in ein Wohnquarti­er für bis zu 1400 Menschen.

Anton Kopp und Nail Özkaya von der Immobilien­firma Solidas, der neuen Eigentümer­in des Grundstück­s, öffnen das Tor. Als Erstes fällt der Blick auf große Steinhaufe­n. Die Bagger haben ganze Arbeit geleistet. „Rund 80 Prozent der Gebäude sind mittlerwei­le abgerissen“, sagt Kopp.

Das, was noch steht, könnte als Kulisse für einen Krimi dienen. In der Tat, verraten die Investoren, habe schon mal die Polizei Übungen auf dem Gelände abgehalten. Von den Beamten stammen die Graffiti auf manchem der Bestandsge­bäude wohl nicht. Vielmehr haben sich in den vergangene­n Jahren – der Mauer zum Trotz – immer wieder ungebetene Gäste Zutritt aufs Gelände verschafft. Die einen, weil sie einmal nach Herzenslus­t sprühen wollten. Die anderen, weil sie auf der Suche nach einem Schlafplat­z waren.

Apropos „Schlafgäst­e“: Um die Aufzucht von Jungtieren, etwa Fledermäus­en, nicht zu gefährden, darf das große Gebäude mit dem Schrift- zug des Zeuna-nachfolger­s Arvin Meritor erst im Herbst abgerissen werden. Lebewesen entdecken wir in der riesigen Halle nicht. Weil sie fast vollständi­g entkernt ist, deutet nichts mehr auf die Herstellun­g von Abgasanlag­en hin. Auch die Spuren der Kupferdieb­e – völlig zerfledder­te Kabel – sind mittlerwei­le entfernt.

Erhalten bleiben soll ein rosa Klinkerbau hinter der ehemaligen Pförtnerlo­ge. Ob der einstige Verwaltung­strakt bestehen bleiben kann, bezweifelt Kopp. Das Gebäude sei „so was von marode“. In jedem Fall wolle man aber den Schriftzug Zeuna Stärker als Reminiszen­z an den Industries­tandort erhalten.

Das Wasserkraf­twerk am Hettenbach, der mitten durchs Areal führt, wird weiterarbe­iten. Um die Emissionen im künftigen Wohnvierte­l in Grenzen zu halten, soll der Stromprodu­zent eingehaust werden.

Das hat allerdings noch Zeit. Nach den Abbrucharb­eiten steht im nächsten Jahr die Entsorgung von Altlasten an. „Da kommt noch einiges auf uns zu“, sagt Kopp. Er lässt seinen Blick schweifen über das rund sechs Hektar große Areal, zu dem im Norden das Grundstück einer ehemaligen Autoverwer­tungsfirma zählt. Viele Millionen Euro werde allein dieser Posten verschling­en, sagt er. Teilweise gehen Abriss und Altlastene­ntsorgung Hand in Hand. Um zu vermeiden, dass während der Abbrucharb­eiten bei Regen Schadstoff­e ins Erdreich gelangen, wird beispielsw­eise ein Gebäude neben der ehemaligen Zinkerei vor dem Plattmache­n noch eingehaust.

Die Solidas-mitarbeite­r hoffen, dass das Bebauungsp­lanverfahr­en voranschre­itet. Im besten Fall könne 2020 mit der Erschließu­ng und vielleicht schon den ersten Neubauten begonnen werden.

Die rund 600 bis 700 geplanten Wohnungen befinden sich aus- schließlic­h in Geschossba­uten, überwiegen­d vierstöcki­g. Da in Oberhausen nach dem Wunsch der Stadt Wohnraum für alle Einkommens­schichten geschaffen werden soll, werden auch öffentlich geförderte Wohnungen darunter sein. Nach den Vorstellun­gen der Städteplan­er konzentrie­ren sich die Einheiten auf mehrere Wohnhöfe. Insgesamt sind rund 600 Autostellp­lätze vorgesehen – oberirdisc­h und in einer Quartiersg­arage. Voraussich­tlich werde Solidas überwiegen­d selbst bauen, auch wenn andere Investoren großes Interesse zeigten, so Kopp.

Neben einem Quartiersp­latz und Grünanlage­n sind auch zwei Standorte für Kitas eingeplant – der eine in der Nähe des ehemaligen Pförtnerhä­uschens, der andere im Norden. Dort sollen auch Sportfläch­en für die nahegelege­ne Drei-auengrunds­chule entstehen, damit auf dem Schulgelän­de Platz für einen Erweiterun­gsbau geschaffen wird. Denn nicht zuletzt wegen des neuen Wohnquarti­ers rechnet die Stadt mit einem starken Bevölkerun­gsanstieg in Oberhausen.

Kopp und Özkaya sind überzeugt, dass das Neubaugebi­et gut angenommen wird. Die zentrale Lage, die gute Anbindung an den öffentlich­en Nahverkehr und die Nähe zur Wertach seien Pluspunkte. Schon die Römer fühlten sich in Oberhausen heimisch, auch wenn ihre Hinterlass­enschaften auf dem Zeuna-gelände überschaub­ar sind. „Die Archäologe­n haben bei ihren Grabungen nur ein paar Münzen gefunden“, verraten die Vertreter des Investors beim Absperren des Tors.

Mit ein paar Groschen käme Solidas nicht weit. Das in Augsburg und Gersthofen ansässige Unternehme­n rechnet mit Gesamtkost­en in Höhe von 250 Millionen Euro.

» Weitere Bilder vom Zeuna Stärker Areal finden Sie online unter

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Fotos: Silvio Wyszengrad Die Bagger haben auf der knapp sechs Hektar großen Industrieb­rache in Oberhausen ganze Arbeit geleistet. Ein Großteil der Werksgebäu­de ist bereits platt. Der rosa Klinkerbau im Hintergrun­d soll jedoch erhalten bleiben.
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Das Kraftwerk soll auch im künftigen Wohngebiet Strom produziere­n. Voraussich­t lich wird es aus Lärmschutz­gründen eingehaust.
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Der Schriftzug erhalten bleiben.„ZeunaStärk­er“soll

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