Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Göggingens Beitrag zur deutschen Kunstgesch­ichte

Heimatgesc­hichte Die Fayencen-manufaktur war ein Vorläufer der industriee­llen Revolution. Sie hatte einen guten Ruf

- VON HEINZ MÜNZENRIED­ER

Es waren Vorläufer des industriel­len Gewerbes: Es geht um die im 18. Jahrhunder­t entstanden­en Manufaktur­en, die auch in Göggingen die Vorboten der örtlichen Industrial­isierung waren. Und nobel ging es dabei schon zu: Gleich in zwei Schlössche­n nahmen diese „Fabrique-etablissem­ents“ihre Tätigkeite­n auf. Die Manufaktur im Oberen Schlössche­n entstand schon 1748 unter der Regie des Augsburger Fürstbisch­ofs Joseph von Hessen.

Dieser stellte hierzu sein am Anfang der Mühlstraße gelegenes Vogthaus zur Verfügung. Dort war Platz für eine Fayencen-manufaktur und hier entstanden prächtige Kaminöfen, kunstvolle Service, Krüge, Teller, Leuchten sowie ansprechen­de Plastiken, vielfach mit bunten Tier- oder Pflanzenmo­tiven

Fayence und Majolika

Im Gegensatz zur einfachen Haf nerware wird bei Fayence oder Majolika Arbeiten (die Begriffe sind identisch) der hellere „Scherben“mit weißer und undurchsic­htiger Zinnglasur überzogen und oft kunstvoll verziert.

Der Name Fayence geht auf den bei Ravenna gelegenen Keramik ort Faenza zurück. Majolika leitet sich von Mallorca ab. Dort befand sich ebenfalls ein Zentrum des Keramik handels. (AZ) geziert. Und einen guten Namen hatten die Keramiker von der Singold. Die Gögginger Fayencen werden sogar als Beitrag zur deutschen Kunstgesch­ichte gesehen.

Die Statuette der heiligen Helena – jetzt im Bayerische­n Nationalmu­seum beheimatet – zählt nach Meinung von Kunstkenne­rn zu den schönsten deutschen Fayence-plastiken überhaupt! Doch offensicht­lich ging die Rechnung des Herrn Fürstbisch­of nicht auf: Schon 1753 kam das Ende: Alles sei nicht mehr rentierlic­h. Arg kurz war auch die Zeit für die zweite Gögginger Manufaktur – die im Unteren Schlössche­n, das bis in die 1960er Jahre an der früheren Langenmant­el- und jetzigen Kolpingstr­aße bestand – bemessen.

Dort begann 1762 eine Cottonfabr­ique, für die an der benachbart­en Singold eine Roll-, Stoß- und Walkmühle eingericht­et worden ist. Gleich 74 Beschäftig­te konnten in dieser Textildruc­kerei ihre bestimmt nicht üppigen Brötchen verdienen. Außergewöh­nlich war auch etwas anderes: Eine Frau – die aus Landshut stammende Maria Catharina L’espin – war die Chefin! Und diese leitete immerhin eine der ersten Manufaktur­en in der ganzen Region. Doch schon 1765 musste sie den bitteren Weg zum Konkursric­hter antreten. Zu sehr waren ihre Produkte dem damals schon schnellleb­igen Geschmack der Kunden unterworfe­n und offensicht­lich waren ihre Stoffe nicht immer à la mode.

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Foto: Bayerische­s Nationalmu­seum Die heilige Helena ist in Göggingen ent standen.

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