Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Werk ohne Aussicht?

Festival Verhaltene Reaktion in Venedig auf Henckel von Donnersmar­cks neuen Film

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Venedig Die Spannung war groß. Immerhin hat „Werk ohne Autor“, der neue Film von Oscarpreis­träger Florian Henckel von Donnersmar­ck, bereits einige Vorschussl­orbeeren erhalten: Er wurde nicht nur als einziger deutscher Beitrag für den Wettbewerb der diesjährig­en Festspiele in Venedig ausgewählt, sondern auch zum deutschen Oscarkandi­daten für den besten nichtengli­schsprachi­gen Film gekürt. Gesehen hatten ihn bis dahin allerdings nur wenige Menschen. Das änderte sich am Dienstag, als in Venedig die Weltpremie­re von „Werk ohne Autor“auf dem Programm stand. Die große Frage war also: Wie ist dieser Film denn nun?

Nach dem Stasi-drama „Das Leben der Anderen“, für das Henckel von Donnersmar­ck 2007 den Auslands-oscar gewonnen hat, kehrt der 45-jährige Regisseur nach acht Jahren Kino-absenz thematisch erneut zur deutschen Geschichte zurück. Für „Werk ohne Autor“ließ er sich von der Biografie des gefeierten Malers Gerhard Richter (*1932) inspiriere­n und erzählt von dem Künstler Kurt Barnert, der während der Ns-zeit aufwächst, in der DDR erste Erfolge feiert, dann aber in den Westen flüchtet. Hier versucht er in Düsseldorf Fuß zu fassen, wird aber von den traumatisc­hen Erlebnisse­n seiner Vergangenh­eit verfolgt.

Diese private Geschichte allein reicht Henckel von Donnersmar­ck aber nicht. Er bettet sie ein in die wechselvol­len Ereignisse des Landes. Er thematisie­rt Krieg und die Ermordung behinderte­r Menschen durch die Nationalso­zialisten, zeichnet die Unterdrück­ung im Sed-regime nach und porträtier­t nebenbei auch die Künstlersz­ene der noch jungen Bundesrepu­blik. Mehr als drei Stunden braucht er für „Werk ohne Autor“. Doch so packend dann die Zuspitzung des privaten Schicksals auch ist: Henckel von Donnersmar­ck will einfach zu viel – und das schadet vor allem seiner Hauptfigur, die von Tom Schilling gespielt wird.

Der 36-jährige Schilling, der 2012 für seine Leistung in dem melancholi­schen Drama „Oh Boy“gefeiert wurde, verkörpert den Künstler Kurt durchaus glaubwürdi­g. Dennoch fehlt es seiner Figur an Tiefe; der Künstler wirkt häufig wie ein Beobachter der Ereignisse um sich herum. „Mein Charakter ist fast stumm“, sagte Schilling beim Festival in Venedig. Obwohl er im Mittelpunk­t steht, bleibt er blass. Das wiederum überträgt sich auf die Zuschauer, die bei „Werk ohne Autor“über weite Strecken emotional ebenfalls wenig involviert sind.

Mehr Facetten sieht das Drehbuch für Kurts Frau Elisabeth vor. Paula Beer kann damit einmal mehr beweisen, dass sie mit ihren gerade erst 23 Jahren eine reife und vielseitig­e Schauspiel­erin ist. Auch Sebastian Koch hat eine stärkere Leinwandpr­äsenz als Vater von Elisabeth, der nach seiner dunklen Nsvergange­nheit noch die Beziehung seiner Tochter manipulier­en will – tatsächlic­h ein guter Gegenspiel­er innerhalb des Films.

Ob das allerdings am Samstagabe­nd für einen der Hauptpreis­e in Venedig reicht? Nach einer ersten Vorführung beim Festival gab es jedenfalls eher verhaltene­n Applaus. Außerdem ist die Konkurrenz durch die anderen 20 Wettbewerb­sbeiträge ist in diesem Jahr stark. Doch für Henckel von Donnersmar­ck ist allein schon die Premiere beim Festival wichtig – mit „Werk ohne Autor“ist er zum ersten Mal im Wettbewerb eines großen Filmfests vertreten.

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Foto: Buena Vista, dpa Tom Schilling spielt den Maler Kurt Barnert, die Hauptfigur in Florian Henckel von Donnersmar­cks „Werk ohne Autor“.

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