Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Angst vor dem Radsport Effekt
Porec Die Forderung von Erik Lesser ist eindeutig. Nur mit absoluter Transparenz und einem wirklich offensiven Anti-dopingkampf sei die Zukunft des ins Zwielicht geratenen Biathlon-sports zu retten. „Wenn im Biathlon Radsport-verhältnisse einkehren, wo alle über einen Kamm geschert werden und ein genereller Dopingverdacht besteht, das wäre der Super-gau“, sagte der zweimalige Weltmeister mit Blick auf den Kongress des Weltverbandes IBU im kroatischen Porec. Dort wird am Freitag ein neuer Präsident gewählt. Ein Nachfolger für den 72-jährigen Norweger Anders Besseberg, der 25 Jahre im Amt war.
Auch mit seiner Hilfe wurde Biathlon zu einem Top-wintersport mit Millionenpublikum. Allerdings soll er eine Mitschuld an einem der größten Korruptions- und Dopingskandale in der Deutschen liebster Wintersportart tragen.
Den notwendigen und radikalen Neuanfang wollen die Lettin Baiba Broka oder der Schwede Olle Dahlin einleiten. Sie sind die Kandidaten, die sich zur Präsidentenwahl stellen. Beide haben in ihren Wahlprogrammen Transparenz und einen harten Anti-dopingkampf angekündigt.
Doch schon vor der Wahl rumort es wieder. Denn Dahlin soll gegen seine Mitbewerberin, der bisher nur Außenseiterchancen zugestanden wurden, Politik machen. Broka wirft ihm unlauteren Wettbewerb mit Unterstellungen und Behauptungen vor.
Kurz vor dem Ibu-kongress, bei dem Präsident Franz Steinle vom Deutschen Skiverband neuer Vizepräsident werden will, wurden neben den Olympiasiegern Jewgeni Ustjugow und Svetlana Slepzowa noch zwei weitere Russen wegen des Verstoßes gegen die Anti-dopingregeln beschuldigt. Vorher sollen unter Besseberg neben Bestechungsgeldern für die Wm-vergabe ans russische Tjumen 2016 auch russische Dopingsünder gedeckt und 65 Doping-proben vertuscht worden sein. Die Staatsanwaltschaft Österreichs ermittelt gegen zwölf Personen – gegen zwei, darunter Besseberg, wegen Korruptionsvorwürfen. Besseberg bestreitet alle Vorwürfe.
Dahlin das mit Anschuldigungen Brokas. „Ich tut den kommentiere keine Gerüchte. Man kann in meiner Karriere nachschauen und sieht, dass ich eine saubere Erfolgsbilanz habe und immer auf eine ethisch korrekte Art und Weise gearbeitet habe“, sagte er. Der 63-Jährige ist seit vier Jahren Ibuvizepräsident, arbeitete mit Besseberg im Führungsgremium zusammen. Dass er nichts von den kolportierten Vorwürfen gegen den Norweger, die neben bezahlten Jagdausflügen, Bestechungsgeldern bis hin zum Buchen von Escort-damen reichen, mitbekommen hat, scheint zumindest zweifelhaft.
Er selbst sei von den Enthüllungen „geschockt“gewesen, sagte Dahlin. Als Aufklärer und Reformer trat aber auch er bisher nicht in Erscheinung.
Am Freitag wählen 56 stimmberechtigte Mitgliedsverbände eine neue Ibuspitze, darunter auch nicht gerade als Biathlon-nationen bekannte Länder wie Brasilien, Indien oder die Mongolei.