Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ja, so san’s
Forschung Wissenschaftler aus Jena haben dem Wesen des Bayern nachgespürt. Dabei bestätigt sich so manches Klischee. Wie die Menschen im Freistaat und andernorts in der Studie wegkommen
Jena Unterkühlte Nordlichter und gemütliche Süddeutsche, weltoffene Großstädter und reservierte Landbewohner: Wirtschaftswissenschaftler der Jenaer Schiller-universität haben in einer umfassenden Studie herausgefunden, dass einige dieser Stereotypen durchaus zutreffen. Für ihre „psychologischen Landkarten“untersuchten sie gemeinsam mit Kollegen aus Australien, Großbritannien und den USA die Ausprägungen von fünf verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen. Dazu wurden die Daten von mehr als 73000 Personen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren analysiert, die an einer Online-persönlichkeitsstudie teilgenommen hatten.
Im Fokus der Forscher standen fünf Merkmale, die sogenannten „Big Five“, die ab dem Erwachsenenalter relativ konstant bleiben und mit denen sich ihrer Auffassung nach die Persönlichkeitsstruktur eines erwachsenen Menschen umfassend beschreiben lässt. Sie haben zum Beispiel untersucht, wie extrovertiert und gesellig Menschen in einer bestimmten Region sich beschreiben. Oder ihre Offenheit für neue Erfahrungen, die durch eine rege Fantasie, Wissbegierde und eine Vorliebe für Abwechslung gekennzeichnet ist.
Und tatsächlich haben die Forscher einige charakteristische Profile entdeckt, die gängige Vorurteile bestätigen. So könne man aus der Studie herauslesen, dass Süddeutsche und die Bewohner großer Städte wie Berlin, Hamburg oder München stärker nach außen gewandt seien als etwa die Menschen an der Küste. Auch das Bild vom introvertierten Ostdeutschen und dem eher extrovertierten Westdeutschen habe sich bestätigt, erklärten die Emotional stabil, gesellig und weltoffen: der Bayer Wissenschaftler. Es zeigte sich auch, dass vor allem der südliche Bayer wesentlich selbstloser ist und lieber mit anderen zusammenarbeitet als zum Beispiel der Mecklenburgvorpommerer. Menschen im Freistaat sind sozialverträglicher, könnte man auch sagen. Im Gegensatz dazu erreichen die Bewohner der Mecklenburger Seenplatte höhere Werte bei der Gewissenhaftigkeit. Anders als die Region rund um die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart – was dann doch, Stichwort Kehrwoche, einigermaßen überrascht. Auch sind Menschen laut der Studie in Südwestdeutschland im Durchschnitt emotional stabiler als in Südthüringen oder in der Gegend um Bremerhaven.
Die Wissenschaftler nahmen ebenfalls genauer unter die Lupe, wie Umzüge von einem Ort zum nächsten sich auf das Wesen der menschlichen Wandervögel auswirken. „Die Studie zeigt, dass Menschen, die auf dem Land geboren sind und in die Stadt gezogen sind, deutlich höhere Werte im Bereich Offenheit aufweisen als die Menschen, die auf dem Land bleiben“, sagt Michael Wyrwich, einer ihrer Autoren. Bei Personen, die den umgekehrten Weg von der Stadt aufs Land gehen, sind ebenfalls Extrovertiertheit, Offenheit und Verträglichkeit stärker ausgeprägt. Und sie sind belastbarer, erklärt er.
Warum sich diese Eigenschaften abhängig von der Region unterscheiden, lässt sich durch die Studie allerdings nicht beantworten. Das wollen die Jenaer Forscher nun auf Basis ihrer „psychologischen Deutschlandkarte“als nächstes auswerten.