Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Stadtarchiv: Jetzt spricht der neue Eigentümer
Medienunternehmer Ulrich Kubak erzählt von seinen Plänen für das Gebäude an der Fuggerstraße. Jonas Kaufmann könnte bald zum Konzert auf den Stadtmarkt kommen. Kritiker sehen den Verkauf weiter skeptisch
Die einen nennen es eine Investition in die Entwicklung der Innenstadt, die anderen ein „Minusgeschäft“, in dessen Rahmen die Stadt ihr Tafelsilber verscherbelt habe: Der Verkauf des ehemaligen Stadtarchivs an der Fuggerstraße sorgt weiter für Diskussionen. Die Ausschussgemeinschaft von Freien Wählern, Linken, ÖDP und Polit-wg bezweifelt sogar, dass die Transaktion rechtmäßig war.
Die Stadt hat die Immobilie vergangenen Dezember an den Medienunternehmer Ulrich Kubak verkauft. Der Vorstandschef der Klassik Radio AG will im ehemaligen Stadtarchiv den Sitz seines Senders samt Sendestudios konzentrieren: Der Standort Hotelturm mit 60 Mitarbeitern soll Anfang 2020 in die Innenstadt umziehen, die Hamburger Dependance mit 20 Mitarbeitern wird in diesem Zuge aufgegeben und nach Augsburg verlegt.
2,7 Millionen Euro hat Kubak für das denkmalgeschützte Haus bezahlt. Ein Preis, der bei Oppositionspolitikern auf Kritik stößt: Erstens sei das Gebäude nicht ausgeschrieben worden. Zweitens muss die Schneiderei des Theaters, die das Stadtarchiv bis zur Wiedereröffnung des Großen Hauses als Interim hätte nutzen sollen, wieder ausziehen und nun Räume nutzen, für die Miete fällig wird. Der Stadt entstehe ein Minus von rund 2,3 Millionen Euro.
Einen dritten Punkt führt die Ausschussgemeinschaft nun in einer Anfrage an Stadt und Regierung von Schwaben an: Da es sich beim Haus an der Fuggerstraße um eine Schenkung handelt, könne der „unwirtschaftliche“Verkauf „ganz sicher nicht im Sinne der Bürger“sein, die dieses Geschenk im Jahr 1902 erhalten haben. Volker Schafitel (Freie Wähler) zweifelt als Sprecher der Ausschussgemeinschaft vor diesem Hintergrund die Rechtmäßigkeit des Verkaufs an. Aus Sicht der Stadt steht die Schenkungsurkunde dem Verkauf aber nicht im Weg.
Medienunternehmer Kubak hatte sich bislang nicht öffentlich zu seinem Geschäft mit der Stadt geäu- ßert. Nun meldet er sich zu Wort. Das Haus sei ein „Juwel im Dornröschenschlaf“, doch Kubak geht davon aus, dass die Stadt sich dessen Sanierung in naher Zeit wohl kaum hätte leisten können. Zu den 2,7 Millionen Kaufpreis kämen sieben Millionen Euro für die Instandsetzung. „In den letzten 20, 30 Jahren wurde in diesem Haus nichts gemacht. Es hat keine Heizung, die Elektrik ist auf Putz verlegt und die Statik ist nicht in Ordnung“, sagt Kubak. Ob die Schneiderei unter diesen Umständen überhaupt bis zum Wiedereinzug ins Theater hätte bleiben können, hält der Medienmann für fraglich. Er will das sogenannte Forsterhaus wieder zu dem Stadtpalais machen, das es einst war.
Die hohen Sanierungskosten könnten eine Rolle für die Verkaufsentscheidung der Stadt gespielt haben. Das Geld ist knapp, andere Probleme (Schul- und Straßensanierungen, Theaterumbau ...) haben Priorität. Der Verwaltung ging es beim Verkauf des Stadtarchivs nach eigener Aussage aber nicht um den Gewinn. Kubak habe, so Finanzreferentin Eva Weber, zwar den aktu- ellen Verkehrswert bezahlt, den ein Gutachter errechnet habe. Die Stadt habe die Entscheidung zum Verkauf jedoch „nicht mit der reinen Intention der Erzielung eines Verkaufserlöses“getroffen. Es gehe vielmehr darum, den Standort rund um das einstige Stadtarchiv aufzuwerten.
Augsburgs Regierung hat große Pläne mit dem Viertel rund um den Kennedyplatz. Wenn das Staatstheater 2023 am angestammten Ort wiedereröffnet, soll drumherum ein lebendiges Viertel mit Kultur und Gastronomie entstehen. Auch der Fuggerboulevard – die zur Flaniermeile umgebaute Fuggerstraße – spielt hier eine Rolle. Aus Geldmangel wurde die Planung, die einst im Paket mit dem Kö-umbau als innerstädtische Verbesserung angepriesen wurde, unlängst aber auf unbestimmte Zeit vertagt.
Ulrich Kubak ist über diesen Umstand selbst nicht glücklich. Grundsätzlich hält er den Standort in der Stadtmitte aber für ideal: Klassik Radio agiert europaweit, in der Medienwelt habe man seine Entscheidung, den Sitz nach Augsburg zu verlagern, belächelt: „Ein modernes Medienunternehmen würde eher nach Hamburg oder Berlin gehen.“Er wolle als Augsburger jedoch einen Beitrag zur Dynamik in seiner Heimatstadt leisten.
Klassik Radio arbeitet mit international bekannten Künstlern wie Jonas Kaufmann oder Rolando Villazon zusammen. Diese und andere will Kubak nach Augsburg holen. „Und wenn sie hier zum Arbeiten sind, was spricht dagegen, dass sie ein spontanes Konzert im Sender oder auf dem Stadtmarkt geben?“Sein Unternehmen wolle sich nicht abschotten, sondern Augsburg über die Grenzen hinaus ins Gespräch
Das Gebäude und der Sender
● Das denkmalgeschützte Gebäude mit Walmdach wurde 1885 errich tet. Es hat vier Stockwerke und ist komplett unterkellert, die gesamte Nutzfläche beträgt laut Auskunft des städtischen Liegenschaftsamtes rund 1350 Quadratmeter. Das Dach geschoss ist bislang nicht ausge baut. Zuletzt war dort das Stadtarchiv.