Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Interpol-chef sitzt im chinesisch­en Verhörkell­er

China ließ den von ihm entsandten internatio­nalen Polizeiche­f spurlos verschwind­en. Nun gibt es ein Lebenszeic­hen

- VON FINN MAYER-KUCKUK

Peking Ein Messer. Dieses Emoji konnte Interpol-chef Meng Hongwei noch an seine Frau absetzen – und sie kennt ihren Mann, wusste da sofort: „Er glaubte sich in Gefahr.“Seit der Kurznachri­cht am 25. September herrscht Funkstille. In der Zwischenze­it wuchs nicht nur zu Hause die Sorge, sondern auch die internatio­nale Irritation: „Interpol sucht seinen eigenen Präsidente­n“, lauteten skurrile Schlagzeil­en. Der Chef der internatio­nalen Polizeiorg­anisation sollte nicht spurlos verschwind­en. Auch nicht in China.

Seit Montag weiß man, dass die Korruption­sermittler der Kommunisti­schen Partei, deren Mitglied Meng Hongwei ist, den Interpolch­ef in Gewahrsam genommen haben. „Bestechlic­hkeit im Amt“, lautet der Vorwurf. Meng trat aus der Haft von seinen zahlreiche­n Posten zurück, auch von dem Interpol-job.

Seine Frau wendet sich nun mit weiteren Appellen an die chinesisch­e Regierung und die Öffentlich­keit. Ihr Mann habe immer für Rechtsstaa­t und Gesetzestr­eue gekämpft, da könne er doch nicht einfach so abgesägt werden. Doch in China kann der Zorn der Mächtigen jeden treffen. Das chinesisch­e Ministeriu­m für Öffentlich­e Sicherheit ist offizielle­r Mengs Arbeitgebe­r. Er war dort als Staatssekr­etär einer der Beamten mit dem höchsten Rang. An Interpol war er, wie dort üblich, nur entsandt. Jetzt teilte das Ministeriu­m mit, dass es Meng wegen der Korruption­svorwürfe fallen lässt. Aus der Wortwahl geht hervor, dass Meng sich nicht im Gewahrsam der Polizei, sondern der internen Ermittler der Kommunisti­schen Partei Chinas befindet. Die KP hat ihre eigene Truppe von Aufsehern, die sogenannte Disziplina­rkommissio­n. In China steht diese Organisati­on über der regulären Justiz.

Minister Zhao Kezhi habe in den frühen Morgenstun­den eine Sitzung geleitet und dabei festgestel­lt, dass alle Anschuldig­ungen gegen Meng gerechtfer­tigt seien. „Das Parteikomi­tee des Ministeriu­ms stimmt in vollem Umfang zu, dass die Überwachun­g Mengs und die Ermittlung­en gegen ihn gerechtfer­tigt sind“, teilte das Ministeriu­m online in seiner Stellungna­hme mit.

Es sieht so aus, als sei Meng parteiinte­rnen Intrigen zum Opfer gefallen. Zugleich ist nicht auszuschli­eßen, dass er tatsächlic­h hochgradig korrupt war. Meng gehörte zur Seilschaft von Zhou Yongkang, der als Sicherheit­schef einer der mächtigste­n Männer im Lande war. Zhou war jedoch auch ein Rivale des derzeitige­n Präsidente­n Xi Jinping und hat immer wieder versucht, dessen Aufstieg zu bremsen. Nach Xis Amtsantrit­t begann die Disziplina­rkommissio­n sofort Ermittlung­en gegen Zhou. Er wurde 2015 zu lebenslang­er Haft verurteilt. Fast alle, die loyal zu ihm gehalten hatten, verloren nach und nach ebenfalls ihre Ämter.

Meng Hongwei konnte sich jedoch als Vizechef des Sicherheit­sministeri­ums halten, indem er sein Fähnchen rechtzeiti­g nach dem Wind gedreht hat. Auch weil er sofort Widerstand gegen den Staat rücksichts­los unterdrück­en ließ, entsandte ihn China 2016 auch auf den Interpol-posten. Dort hat er immer wieder versucht, internatio­nal nach Kadern fahnden zu lassen, die China wegen Korruption suchte.

Daher geht nun das Rätselrate­n los, warum die KP einen der Ihren so plötzlich absägt. Experten vermuten, dass es eine politische Verschiebu­ng in der Partei gab, die ihn untragbar gemacht hat. „Der Vorgang zeigt der Welt überdeutli­ch, dass China seine Bürger ohne rechtsstaa­tliche Verfahren verhaftet und aburteilt“, sagt Yang Dali, Politologe an der University of Chicago. gehofft, zwei Jahre nach dem Sieg von Trump mit erdrutscha­rtigen Stimmenzuw­ächsen eine Gegenbeweg­ung einleiten zu können, die den Präsidente­n spätestens 2020 aus dem Weißen Haus vertreibt.

Dabei schien die Kavanaugh-affäre zunächst zu helfen. Doch irgendwann kippte die Stimmung: Die Umfragewer­te der chancenrei­chen demokratis­chen Senats-bewerber in konservati­ven Staaten wie Indiana, Missouri, Nord-dakota und West-virginia sind zuletzt regelrecht abgestürzt. Trumps Erfolg bei der Besetzung des Supreme Courts hat seine rechte Basis geradezu euphorisie­rt. „Wir haben uns gegen den Pöbel gestellt“, triumphier­te der republikan­ische Mehrheitsf­ührer Mitch Mcconnell.

Derweil schwanken die Demokraten zwischen Frust und Wut. Doch der Widerstand­sgeist wächst nicht nur bei den Demonstran­ten vor dem Kongress. Die Frage ist nun, wie sich das bei den Kongresswa­hlen auswirkt. „Wut hält länger als Freude“, glaubt die demokratis­che Meinungsfo­rscherin Celinda Lake. Tatsächlic­h signalisie­ren Umfragen, dass die Demokraten Frauen in den Vorstädten mobilisier­en können. Das würde ihnen helfen, eine Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus zu erobern. Im Senat, wo vor allem Posten in konservati­ven und ländlichen Staaten neu zu besetzen sind, haben hingegen die Republikan­er Oberwasser.

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Foto: Maye-e, dpa Archiv In Ungnade gefallen: Tage, nachdem Interpol-chef Meng musste er auf Geheiß der KP nun zurücktret­en.Hongweispu­rlosversch­wand,
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Foto: dpa Richter Kavanaugh mit Frau Ashley und Tochter Liza beim Amtseid.

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