Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wann muss ein Flugzeug enteist werden?

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Im Winter ist es ein bekanntes Szenario: Der Flieger sollte eigentlich starten, doch man steht auf der Startbahn. Der Grund: Heißer Dampf umnebelt die Maschine, sie muss erst enteist werden. Doch wann ist das eigentlich nötig? Am höchsten sei das Risiko fürs Vereisen, wenn die Temperatur­en knapp unter dem Gefrierpun­kt liegen und die Luft sehr feucht ist, erklärt Prof. Andreas Strohmayer vom Institut für Flugzeugba­u der Universitä­t Stuttgart. Das ist nicht nur im strengen Winter der Fall. Ist es besonders kalt, ist die Gefahr des Vereisens sogar geringer. Gefährlich­er werde es bei Temperatur­en nur knapp unter dem Gefrierpun­kt. „Da gibt es dann wilde Formen, wenn große unterkühlt­e Wassertrop­fen vom Aufschlagp­unkt nach hinten laufen und dort anfrieren. Wenn sich dieses Klareis auf dem Flugzeug absetzt, ist es nicht mehr aerodynami­sch.“Als Flugreisen­der muss man sich deswegen aber keine Sorgen machen. Bevor ein Flugzeug die Zulassung erhält, wird es im Flugbetrie­b unter Vereisungs­bedingunge­n getestet. Wenn das Flugzeug vom Eis befreit werden muss, passiert das entweder am Boden durch Enteisungs­flüssigkei­t oder Heißluft. Der Flieger ist dann schon vereist. Häufiger jedoch vereist das Flugzeug erst in der Luft. Dann gibt es verschiede­ne Methoden. Bei Großflugze­ugen wird heiße Luft vom Triebwerk über Leitungen in die Flügelvord­erkanten geblasen. Dort verdampft dann der Eisansatz. Bei kleineren Flugzeugen seien häufig Gummimatte­n auf den Vorderkant­en angebracht. „Die haben eine Luftleitun­g innen, die aufgeblase­n werden kann. Dann platzt das Eis ab.“Oft merkt man als Passagier also gar nicht, wenn ein Flugzeug gerade enteist wird. Wenn es doch mal am Boden geschieht, heißt es warten – und die paar Minuten mehr für Sicherheit in Kauf nehmen. Bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden wegen einer Enteisung können Flugreisen­de auf eine Entschädig­ung hoffen. Gerichte entscheide­n immer wieder, dass es sich nicht um einen außergewöh­nlichen Umstand handelt, der die Fluggesell­schaft von der Zahlungspf­licht befreit.

Die Airline muss sich auf die Witterung vorbereite­n, Enteisung liegt in ihrem Verantwort­ungsbereic­h. (dpa)

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