Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Leben für die Bühne
Mit der „Geierwally“begann 1958 im Augsburger Ludwigsbau die Karriere der Volksschauspielerin Ulla Kling. Zig Theaterstücke und Tv-drehbücher hat sie verfasst. Jetzt feiert sie ein Jubiläum – und die Ideen sprudeln immer noch
Augsburg/stadtbergen Die Geschichten fliegen bei Ulla Kling zum Fenster herein. Die Autorin und Volksschauspielerin Ulla Kling verwandelt sie in Bühnenstücke. Über hundert Theaterstücke und auch Fernsehdrehbücher hat die Stadtbergerin schon geschrieben – und sie ist selbst auf der Bühne gestanden. Mit der Komödie „Die Rollatorgang“der Bühnenfreunde feiert Ulla Kling, 78, jetzt im Oktober ihr 60. Bühnenjubiläum. Und damit beendet sie zugleich nach 33 Jahren ihre Zeit als Spielleiterin bei den Augsburger Bühnenfreunden. Auch auf der Bühne wird sie nicht mehr selbst auftreten. Wenn aber immer noch „Geschichten zum Fenster reinfliegen“, sagt sie, werde sie weiterhin Stücke schreiben.
Landauf, landab im deutschsprachigen Raum werden Lustspiele, Boulevard-komödien und Kriminalstücke aus der Feder von Ulla Klings auf Laien- und Volksbühnen gespielt. Sie ist auch so etwas wie die Hausautorin des Chiemgauer Volkstheaters. Von dessen Aufführungen
Sterben auf der Bühne? Das ist hochdramatisch, aber schön...
hat der Bayerische Rundfunk 50 produziert. 1979 hat Kling ihr erstes Stück geschrieben: „Zwoa harte Nüss“, ein bäuerlicher Schwank, der sogar ins Plattdeutsche übersetzt und auch in den Benelux-ländern gespielt wurde.
„Das Theater ist mein Leben!“, meint Ulla Kling. Und sie weiß noch genau, wie sie bei einer Schulaufführung in St. Ursula in Augsburg eine Rolle hatte, bei der sie sterben musste. „Das war hochdramatisch, aber schön!“, sagt sie – und lacht. Und sie weiß noch genau, dass sie, die in Augsburg-oberhausen aufgewachsen ist, am liebsten bei einem Wanderzirkus mit in die Arena wollte. „Die haben mich natürlich nicht gelassen.“1958, im Augsburger Ludwigsbau, dem Vorläufer der Kongresshalle, begann mit dem „Die Geierwally“ihre Karriere als Volksschauspielerin. Ihr Name sprach sich herum.
Für das Fernsehen schrieb Ulla Kling den Zdf-zweiteiler „Mir san die Brandls“und die Rtl-serie „Zum Stanglwirt“mit Peter Steiner. In letzterem hat sie auch mitgespielt. Ebenso stammen einige Episoden für das Kabarett-duo „Herbert und Schnipsi“von ihr. Sie fand es „schon interessant“, wie das beim Fernsehen so abläuft, und wie gedreht wird: „Das läuft sehr professionell.“Und doch spürte sie, dass ihr Herz mehr für das unmittelbare Spiel auf der Bühne schlägt. Die schönsten Momente waren nicht einmal der Applaus, sondern jene, „wo man merkt, dass das, was gesagt wurde, beim Publikum angekommen ist“.
Auch bei Kindern kommt Ulla Kling an. Sie hat nämlich noch eine ganz andere Seite: Seit einiger Zeit schreibt sie Kinderbücher. „Poldi“, einen kleinen Jungen, der die Probleme der Erwachsenen oft nicht versteht, hat die Autorin, wie sie sagt, „richtig ins Herz geschlossen“. Er ist die Hauptfigur ihres gleichnamigen Kinderbuchs, das in diesem Sommer erschienen ist. Ein Jahr zuvor kam ihr Kinderbuch „Heiter bis Wolpi’g“auf den Markt, in dem ein kleiner Wolpertinger die Hauptrolle spielt. Ihren Wolpi könnte sie sich übrigens auch ganz gut für ein Kinstück dertheater vorstellen. Kling sprudelt, wenn sie von ihren Geschichten erzählt und auch davon, was sie selbst beseelt. Sie ist eine Frau, die sich gerne in Abenteuer stürzt. 2015 zum Beispiel ist sie mit ihrer Tochter zwei Tage lang mit einem Quad durch Kalifornien gebraust. „Da sind wir in die Wüste rein mit Helm und Mundschutz!“, schwärmt sie, „was war das für ein Gefühl!“
Wer weiß, wie vielen Menschen Ulla Kling mit ihren Stücken, als Schauspielerin und auch als Kinderbuchautorin ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat? Bei allem Humor, ihrer Lebensfreude, kennt sie auch die anderen, schattigen Seiten des Lebens. Nicht lange ist es her, dass sie schwer erkrankt und in ihrem Schaffen ausgebremst war. „Das war’s jetzt“, habe sie sich gedacht, sich für nichts mehr interessiert, ihr Leben als abgerundet betrachtet. Und dann ging es doch wieder aufwärts. Sie weiß, wie wichtig es ist, bei alledem noch Pläne zu haben. So hält sie weiterhin ihr Fenster offen – für die nächsten Geschichten.
OTermine „Die Rollator-gang“, eine Komödie in drei Akten von und mit Ulla Kling, zeigen die Bühnenfreunde im Haus Augustinus in Augsburg, Georgenstraße 14 a am Samstag, 20. Oktober, 19.30 Uhr, am Sonntag, 21. Oktober, 17 Uhr, am Samstag, 27. Oktober, 19.30 Uhr, und am Sonntag, 28. Oktober, 17 Uhr.