Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie Tiere traumatisierten Kindern helfen
Auf dem Paulihof in Unterbernbach wird jungen Menschen geholfen, die bereits in jungen Jahren schlimme Erfahrungen sammeln mussten. Die tiergestützte Therapie dort bekommt jetzt eine Ergänzung: einen großen Garten
Kühbach-unterbernbach 65 Tiere gibt es auf dem Paulihof im Kühbacher Ortsteil Unterbernbach: Pferde, Schafe und Ziegen, Hunde und Katzen, Meerschweinchen, aber auch Hühner, die Küken noch nicht mitgerechnet. Die Tiere hier haben eine besondere Aufgabe: Ihnen kommt eine Schlüsselrolle in der Therapie der Bewohner des Paulihofs zu. Hier leben Kinder und Jugendliche, die zum großen Teil schwer traumatisiert sind. Aus den verschiedensten Gründen.
Sie haben bereits in jungen Jahren die Schattenseite des Lebens kennengelernt, die gut ein Dutzend Kinder und Jugendlichen, die im Auftrag des Jugendamts einen Platz auf dem Paulihof, einer Einrichtung des Kinderschutz München, erhalten haben. Bei einigen gab es gravierende Probleme im Elternhaus, andere wurden gar zu Opfern eines Verbrechens. Auf dem Paulihof wird ihnen geholfen. Davon konnten sich die Besucher bei einem Tag der offenen Tür überzeugen. Rund um die Uhr werden die Kinder von Fachpersonal betreut. Die Tiere spielen in der Therapie eine wichtige Rolle. Die Kinder haben die Aufgabe, die Tiere deren Bedürfnissen entsprechend zu betreuen. Das passende Futter in der angemessenen Menge herzurichten gehört deshalb bewusst zum alltäglichen Geschäft.
Der Pädagogische Teamleiter Stefan Tabery erläuterte bei einem Rundgang den Besuchern wichtige Aspekte. Die Beziehung der Kinder zu einem bestimmten Tier liegt ihm sehr am Herzen. Dabei muss es sich nicht unbedingt um ein Pferd handeln. Genauso gut kommen dafür auch Esel, Schafe oder auch Ziegen in Betracht. Mit diesen habe man auf dem Gebiet beste Erfahrungen gemacht, sagt Tabery. Manches Kind sucht auch lieber die Nähe zu einer Henne. Der Bezug zu den Tieren erstreckt sich längst nicht nur auf das Füttern. Kürzlich waren Buben und Mädchen an der Seite eines Pferdes, das eingeschläfert werden musste, erzählt Tabery. Neu ist ein zweites Haus auf dem Paulihof.
Der dazugehörige große Garten ermöglicht die Erweiterung des Angebots um den therapeutischen Gartenbau. Die einfachen, langsamen und sich stetig wiederholenden Arbeiten lassen einen Rhythmus entstehen, der therapeutisch genutzt werden kann. Die Kinder finden Ruhe und Entspannung.
Natürlich ist auch in Unterbernbach vieles eine Frage des Geldes. Wie viel die „Sternenhalle“, in der mit Pferden gearbeitet werden kann, gekostet hat, das wurde beim Rundgang nicht genannt. Es kamen jedenfalls Mittel von der Aktion Sternstunden des Bayerischen Rundfunks. Sechs Jahre sind die jüngsten Kinder alt, die hier den Weg zurück in ein „normales“Leben finden sollen. In der Regel werden sie spätestens mit 21 Jahren entlassen, wenn sie nach Schule und Ausbildung selbstständig sind. In einigen Fällen, so hieß es, sei eine Rückführung in die Familien machbar, die oftmals in München zu Hause sind.
„Wir haben selten freie Plätze“, erläutert Tabery. „Wir haben schon viele Anfragen, wir können nicht alle bedienen.“Tiere genießen auf dem Paulihof einen enormen Status, das sieht man beispielsweise auch im Wohnhaus, wo nicht nur Fotos der Mitarbeiter, sondern auch der lebenden und bereits verstorbenen Tiere aufgehängt sind.
Gegründet hat den Paulihof vor 14 Jahren Leiterin Ulrike Heigemooser als sozialpädagogische Einrichtung in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutz München. Sie hatte damals einen Hund, der Pauli hieß und der bei den Kindern sehr gut ankam. Dieser Vierbeiner wurde zum Namensgeber für dieses Projekt. Pauli ist längst tot, doch die Einrichtung lebt weiter, schon allein deshalb, weil sie heute offensichtlich wichtiger denn je ist. Schirmherrin ist seit vielen Jahren die Schlagersängerin Claudia Jung. „Sehr positiv“, ist der Eindruck von Michael Pögl aus Sandizell vom Paulihof. „Es ist schön, dass für Kinder so viel getan wird. Tiere haben ein besonderes Empfinden für Menschen“, sagt er. Er selbst als ehemaliger Hasenbesitzer sagt: „Wir sind immer gerne bei Tieren.“
Foto: Johann Eibl