Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eine musikalisc­he Wucht

Neben Wolfgang Ambros und Georg Danzer wurde der Österreich­er Rainhard Fendrich gern unterschät­zt. Aber er überzeugt nicht nur mit Leichtigke­it und Wiener Schmäh

- VON WOLFGANG LANGNER

Vielleicht hat man Rainhard Fendrich immer etwas unterschät­zt. Das mag auch daran gelegen haben, dass Fendrich in einer Zeit Österreich erobern wollte, als die Alpenrepub­lik mit Wolfgang Ambros sowie den bereits verstorben­en Georg Danzer und Ludwig Hirsch mächtige Vertreter des Austropop in ihren Reihen hatte, die dort den Markt beherrscht­en. Vielleicht lag es auch daran, dass Titel wie „Strada del Sole“, „Zweierbezi­ehung“oder auch „Macho, Macho“mit zuviel Leichtigke­it vorgetrage­n wurden, während die Konkurrenz eher auf das Morbide und Düstere gesetzt hat.

Dennoch ersang sich der „Stenz aus Wien“eine große Fangemeind­e in den deutschspr­achigen Ländern. Aber als Fendrich später zwischen den Giganten Ambros und Danzer, dritter Mann der legendären Combo „Austria 3“wurde, galt er trotzdem als das Leichtgewi­cht dieses Trios. Spätestens als Fendrich von Ambros im Jahr 2011 nicht nur als „Kokser“geoutet wurde, sondern der auch noch erzählte, dass Fendrich lange Zeit von Danzer und ihm nur mitgezogen wurde, hat das viele bestätigt, die der Meinung waren, dass Rainhard Fendrich eben nicht die große Nummer ist.

Doch am Sonntag in der Schwabenha­lle, vor knapp 3000 Besuchern, musste man sämtliche Kritik beiseite wischen, denn dieser Mann ist musikalisc­h eine Wucht. Die Leichtigke­it ist zwar geblieben, aber der Begriff Leichtgewi­cht im Zusammenha­ng mit Musik trifft bei ihm definitiv nicht zu. Acht Vollblut-musiker mit Fendrich als Chef im Ring lassen das Unplugged-konzert unter dem Slogan „Für immer a Wiener“zu einem Erlebnis werden. Und Fendrich kann auch mit seinem Publikum umgehen. In dieser Beziehung ist er ohnehin Profi, das kennt man noch, als er die Kuppelshow „Herzblatt“im Fernsehen moderierte. Den Wiener Schmäh hat keiner im Blut wie er. Fendrich singt und amüsiert. „Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen“, eine Auskoppelu­ng aus seinem ersten Album „Ich wollte nie einer von denen sein“aus dem Jahr 1980 macht den Anfang in einen rauschende­n Abend, der erst knappe drei Stunden später endet. Man spürt auch im Publikum den Spaß, den Fendrich auf der Bühne mitbringt. Nach seinem Drogenkons­um und vielen negativen Schlagzeil­en hat sich der mittlerwei­le 63-Jährige längst wieder im Griff und hat auch in jüngster Vergangenh­eit hart gearbeitet. Seine beiden letzten Alben „Schwarz oder Weiß“(2016) und das kürzlich erschienen­e Werk „Für immer a Wiener“sind eindrucksv­olle Beweise, dass Fendrich zur Riege der besten deutschspr­achigen Künstler zählt. Fendrich beherrscht sein Metier. Genial sein Anti-rassismus-song „Schwarz oder Weiß“, verspielt und romantisch „Du bist schön“oder einfach nur pathetisch „Für immer a Wiener.“

Fendrich ist das Gegenteil zu seinem österreich­ischen Kollegen und „Heile-welt-sänger“Andreas Gabalier. Und er ist witzig. Dann wenn er von seiner ersten Nahtod-erfahrung berichtet, die er hatte, als er als kleiner Junge mit dem Zeugnis seinem Vater gegenübert­rat und Watschn dafür kassierte. Witzig auch sein Lied „Geisterbah­n“, vor der er sich auf dem Wiener Prater immer gefürchtet hat.

Schließlic­h positionie­rt sich der Österreich­er in seinen Ansprachen auch deutlich gegen Rechtspopu­lismus, was beim Augsburger Publikum ankommt. Und natürlich seine Hits aus früheren Jahren. „Tango korrupti“, „Es lebe der Sport“, „Midlife Crisis“, „Weus‘d a Herz hast wia a Bergwerk“oder „Es tuat so weh, wann ma verliert“– das textsicher­e Publikum hat einen Heidenspaß. Dann verneigen sich seine Musiker und er vor dem Publikum. Nach diesem Abend hätte man sich eigentlich eher vor ihm verneigen müssen.

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Das Publikum hat Liedermach­er Rainhard Fendrich mit seinem Wiener Schmäh schnell im Griff.
Foto: Siegfried Kerpf Das Publikum hat Liedermach­er Rainhard Fendrich mit seinem Wiener Schmäh schnell im Griff.

Newspapers in German

Newspapers from Germany