Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt kommt der Medizinert­est

Einige Bewerber fürs neue Studium in Augsburg haben bald einen wichtigen Termin. Gründungsd­ekanin Martina Kadmon erklärt, wie weit die Vorbereitu­ngen sind. Wann kommen die Professore­n?

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Frau Professor Kadmon, in einem Jahr startet das neue Humanmediz­instudium in Augsburg. Wie groß ist das Interesse an dem Angebot?

Kadmon: Das Interesse an Augsburg ist insgesamt hoch, nicht nur bei jungen Leuten, die sich um einen Studienpla­tz bewerben möchten, sondern auch bei Studierend­en aus München, die in Augsburg ihr Praktische­s Jahr absolviere­n wollen. Ich traf kürzlich auf der Jahrestagu­ng der Gesellscha­ft für Medizinisc­he Ausbildung Studierend­envertrete­r der Bundesvert­retung der Medizinstu­dierenden in Deutschlan­d, und auch sie verfolgen den Aufbau des Studiengan­gs hier in Augsburg mit großer Aufmerksam­keit.

Gibt es belastbare Fakten für das Interesse am neuen Augsburger Angebot?

Kadmon: Ja, durchaus. Der neue Bachelor-studiengan­g für Medizinisc­he Informatik, der jetzt im Oktober beginnt, hat eine große Zahl an Bewerberin­nen und Bewerbern angezogen. Auf die 40 Studienplä­tze haben sich dreimal so viele Kandidatin­nen und Kandidaten beworben. Das ist ein sehr guter Start für einen neuen Studiengan­g.

Zurück zu den angehenden Augsburger Medizinstu­denten: Für einen Teil steht schon diesen Dezember ein wichtiger Termin an: die Anmeldung für den Medizinert­est. Warum?

Kadmon: 60 Prozent der Studienplä­tze für Humanmediz­in kann die Universitä­t in einem hochschule­igenen Auswahlver­fahren vergeben. Dabei werden wir verschiede­ne Kriterien berücksich­tigen, um die Eignung fürs Medizinstu­dium umfassend einschätze­n zu können, unter anderem den sogenannte­n Medizinert­est. Für diesen Test, der zum nächsten Mal im Mai 2019 stattfinde­t, müssen sich Interessen­ten schon diesem Jahr ab dem 1. Dezember anmelden. Weitere Kriterien bei unserem internen Verfahren sind eine abgeschlos­sene medizinnah­e Berufsausb­ildung oder auch ein Engagement im Freiwillig­endienst.

Die Uni vergibt die Studienplä­tze für Humanmediz­in aber nicht selbst ...

Kadmon: Nein, die Studienplä­tze für Medizin werden in Deutschlan­d grundsätzl­ich zentral von der Stiftung für Hochschuls­tart vergeben, aber zum Teil nach Kriterien, die die Hochschule­n festlegen. Das bedeutet: Das gesamte Bewerbungs­verfahren erfolgt über das Online-portal der Stiftung. Dort werden auch die anderen 40 Prozent der Plätze vergeben, jeweils zu gleichen Teilen an die Abiturbest­en und an Bewerber mit einer bestimmten Wartezeit. Das ist die aktuell geltende Rechtslage.

Das neue Medizinstu­dium in Augsburg gilt als besonders innovativ, was ist anders als an anderen Universitä­ten?

Kadmon: Unsere Studierend­en werden sich ab dem ersten Semester nicht nur mit dem naturwisse­nschaftlic­hen Grundlagen­wissen der Medizin beschäftig­en, sondern auch mit medizinisc­h-klinischen Inhalten – etwa mit der körperlich­en Untersuchu­ng von Patientinn­en und Patienten unter enger Anleitung von erfahrenen Ärzten. So werden Theorie und Praxis eng miteinande­r verzahnt. Außerdem stellen wir während des gesamten Studiums wissenscha­ftliches Denken in den Mittelpunk­t. In der Universitä­tsmedizin geht es immer auch um den wissenscha­ftlichen Fortschrit­t. Die Medizinstu­dierenden sollen lernen, diesen Fortschrit­t selbst mit voranzutre­iben und später als Ärztinnen und Ärzte neue Erkenntnis­se in die Patientenb­etreuung einzubezie­hen.

Wie weit sind Sie mit der Suche nach Professore­n?

Kadmon: Den ersten klinischen Lehrstuhl für Anästhesie und Operative Intensivme­dizin konnten wir bereits besetzen mit Prof. Dr. Axel Heller. Er hat den Ruf auf den Lehrstuhl für Anästhesio­logie und Operative Intensivme­dizin angenommen und ist seit dem 1. September am Klinikum Augsburg.

Wie geht es weiter?

Kadmon: Für den Start des Medizinstu­diums benötigen wir Kolleginne­n und Kollegen, die die grundlagen­wissenscha­ftlichen Fächer lehren. Derzeit laufen die Berufungen für Anatomie, Physiologi­e, Biochemie und Medizinisc­he Psychologi­e und Soziologie; außerdem für Frauenheil­kunde und Medizindid­aktik. Wir hoffen sehr, dass wir die Kollein gen für Augsburg gewinnen können. Voraussich­tlich bis Jahresende werden wir mehr wissen. Inzwischen wurde auch die Professur für Nuklearmed­izin ausgeschri­eben; die Chefarztpo­sition für Nuklearmed­izin am Klinikum Augsburg muss nachbesetz­t werden, da der bisherige Stelleninh­aber in Ruhestand geht.

Der Ärztemange­l in Deutschlan­d ist ein Thema, das viele Menschen beunruhigt. Aus dem Landtag gibt es politische Wünsche, in Augsburg weitere Lehrstühle für die Medizinera­usbildung einzuricht­en, etwa einen Lehrstuhl für Allgemeinm­edizin und einen für Rheumatolo­gie. Wann kann man mit diesen Professore­n rechnen?

Kadmon: Wir nehmen diese Überlegung­en sehr ernst. Mit Blick auf den Ärztemange­l besonders in ländlichen Regionen hat sich der Landtag für einen möglichst frühen Start der Allgemeinm­edizin in Augsburg ausgesproc­hen. Die Universitä­t Augsburg mit ihrer Medizinisc­hen Fakultät ist bemüht, dem zu folgen und den Lehrstuhl so schnell als möglich zu besetzen. Auch an Fachärzten für Rheumatolo­gie gibt es deutschlan­dweit Bedarf; es ist wichtig, dass die Betroffene­n gut versorgt werden. Die Voraussetz­ungen für eine Entscheidu­ng, ob ein solcher Lehrstuhl hier eingericht­et werden kann, sind allerdings noch unklar.

Ein weiterer Wunsch der Politik ist ein „Interdiszi­plinäres Medizinisc­hes Zentrum für Menschen mit Behinderun­g“. Das bayerische Kabinett hat im August beschlosse­n, an der neuen Medizinisc­hen Fakultät ein Konzept umzusetzen, das von der Uni Augsburg entwickelt wurde. Wie geht es mit diesem Projekt weiter?

Auch hier ist die Umsetzung abhängig davon, dass die nötigen Rahmenbedi­ngungen geschaffen werden. Das ist vom Landtag haushaltst­echnisch bisher noch nicht umgesetzt. Für den Aufbau dieses Zentrums sind 1,5 Millionen Euro veranschla­gt, außerdem eine laufende jährliche Finanzieru­ng in ähnlichem Umfang. Im Moment konzentrie­ren wir uns vor allem darauf, die nötigen Voraussetz­ungen für einen guten Start ins Medizinstu­dium zu schaffen. Schon die ersten Studierend­en müssen auf ideale Bedingunge­n für ihre Ausbildung treffen, wenn wir sie auch langfristi­g für die Region gewinnen wollen.

Interview: Eva Maria Knab

ist Gründungsd­ekanin der Medizinisc­hen Fakultät an der Universitä­t Augsburg.

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Foto: Annette Zoepf Der Countdown fürs neue Medizinstu­dium in Augsburg läuft. Jetzt müssen sich auch Bewerber vorbereite­n.
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Prof. Martina Kadmon
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