Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Baumfällungen: Fledermäuse sollen umziehen
Baumhöhlen am Kanal werden ab Dienstag verschlossen. Fachleute sehen bei 29 weiteren Bäumen Probleme. Der Bund Naturschutz schickt einen eigenen Experten vor Ort
Fledermäuse am Herrenbach sollen aus ihren gewohnten Baumhöhlen in neue Winterquartiere umziehen, und zwar rechtzeitig vor weiteren Baumfällungen am Kanal. Wie die Stadt mitteilt, werden Mitarbeiter des Amtes für Grünordnung ab Dienstag vor Ort Höhlen und Löcher an einzelnen Bäumen verschließen, damit die Tiere bei geplanten Rückschnitten und Fällungen nicht zu Schaden kommen.
Die Fledermäuse können dann zwar noch ihre gewohnten Quartiere in den Bäumen verlassen, ein Einflug sei aber nicht mehr möglich, so eine Sprecherin der Stadt. Schon seit Juli wurden zehn neue Fledermauskästen im Bereich des Herrenbachs als Ersatz für die Baumhöhlen, die wegfallen, angebracht. Zehn Großraumquartiere seien zusätzlich bestellt, aber aufgrund langer Lieferzeiten noch nicht aufgehängt. Die Vorkehrungen für die Tiere hängen mit den umfangreichen Baumfällungen zusammen, mit denen die Stadt den Kanal sicherer vor Überflutungen machen will.
Wie berichtet, sollen bis Ende kommenden Jahres bis zu 96 große alte Laubbäume fallen. Die für den Hochwasserschutz zuständigen Fachleute der Stadt bestehen darauf, dass die Bäume entfernt werden müssen, um den Kanal im Bereich zwischen Reichenberger und Friedberger Straße vor Überschwemmungen sicherer zu machen und Anwohner zu schützen. In Teilen der Bevölkerung gibt es allerdings massive Proteste gegen die bereits erfolgten und die noch geplanten Eingriffe ins Grün.
In einem externen Gutachten lässt die Stadt Augsburg derzeit prüfen, welche Bäume entlang des Herrenbachs im Rahmen des Hochwasserschutzes noch zurückgeschnitten oder gefällt werden müssen. Ende Oktober soll das Gutachten vorliegen, so die städtische Pressestelle. Ziel sei es, die Grünanlage am Herrenbach „möglichst sensibel weiterzuentwickeln“.
Nach einer vorläufigen Aussage der externen Gutachter seien jedoch an 22 Bäumen, die wegen des Dammes als problematisch eingestuft werden, Maßnahmen erforderlich. Bei weiteren sieben Bäumen habe die jährliche Baumkontrolle „Auffälligkeiten“festgestellt, etwa Baumkrankheiten wie das Eschentriebsterben. Deshalb seien ebenfalls Rückschnitte oder Fällungen erforderlich.
Der Bund Naturschutz Augsburg vertritt unterdessen die Meinung, dass weitere Fällungen nicht notwendig seien. Ein Baumexperte des Verbandes habe kürzlich den Abschnitt am Kanal besichtigt, an dem weitere Bäume fallen sollen. Bundkreisvorsitzender Johannes Enzler und Christa Schalk von der Ortsgruppe kritisieren, die bisherigen Aussagen der städtischen Vertreter zur Notwendigkeit weiterer Fällungen seien fachlich nicht untermauert. „Es ist schwer vorstellbar, dass der Fall eintreten könnte, dass der Damm so massiv beschädigt werden könnte, dass tatsächlich größere Mengen Wasser zu einer Überschwemmung des Herrenbachviertels führen könnten.“
Die verbliebenen Bäume seien zum großen Teil Tiefwurzler. Die Erfahrung von Starkwindereignissen habe gezeigt, dass derartige Bäume in der Regel im Stammbereich brechen und nicht entwurzelt werden. Der Bund Naturschutz fordert von der Stadt, die Statik der Betonwanne des Herrenbachs sowie die ausreichende Stärke des Damms zur Abstützung der Betonwand zu überprüfen. Außerdem solle für den Notfall Material zur Absicherung des Damms vorbereitet und in der Nähe gelagert werden. Ebenfalls zu prüfen sei die vorbeugende Möglichkeit der Absenkung des Wasserspiegels. Enzler und Schalk argumentieren auch, dass die kühlende Wirkung von Bäumen bei prognostizierten Heißwetterperioden zunehmende Bedeutung habe. Das solle ebenfalls Grund genug sein, um weitere Fällungen erst nach einer sorgfältigen Prüfung der Notwendigkeit zuzulassen.