Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Wir müssen Grenzen setzen“

Hubert Hüppe, früherer Behinderte­nbeauftrag­ter der Regierung, warnt vor Auswirkung­en der Pränatal-diagnostik

- VON DANIEL WIRSCHING

Hubert Hüppe hat am Montagaben­d im Ulrichshau­s in Augsburg eindringli­ch vor den Auswirkung­en der Pränatal-diagnostik gewarnt. „Tatsächlic­h geht es hier um Selektion. Wer darf leben, wer nicht?“, sagte der frühere Beauftragt­e der Bundesregi­erung für die Belange behinderte­r Menschen beim Jahresempf­ang des Augsburger Bischofs Konrad Zdarsa. Es gibt nach Ansicht Hüppes einen gesellscha­ftlichen Druck auf werdende Eltern, behinderte Kinder – etwa mit Downsyndro­m – erst gar nicht zur Welt kommen zu lassen. Vorgeburtl­iche Bluttests hält er für „nicht verfassung­sgemäß“. Hüppe hielt vor rund 300 geladenen Gästen aus allen gesellscha­ftlichen Bereichen des Bistums Augsburg den Festvortra­g mit dem Titel: „Der achte Tag der Schöpfung – Wie wir mit dem Leben umgehen“. In dem ging es um die ethischen Grenzen des vom Menschen Machbaren – sei es in der embryonale­n Stammzellf­orschung oder beim Thema Klonen. „Wir müssen politische und gesellscha­ftliche Grenzen setzen, sonst wird es keine Grenzen geben“, sagte er.

Hüppe weiß, wovon er spricht. Der langjährig­e Cdu-bundestags­abgeordnet­e aus dem westfälisc­hen Lünen hat sich nicht nur intensiv in den vergangene­n Jahrzehnte­n in verschiede­nen politische­n Ämtern mit dem Thema auseinande­rgesetzt – er hat auch einen adoptierte­n Sohn mit Behinderun­g. Und so unterstütz­t Hüppe unter anderem die sogenannte Lebensschu­tzbewegung, die öffentlich vor allem durch den „Marsch für das Leben“in Berlin bekannt ist. Mehr als 5000 Abtreibung­sgegner demonstrie­rten zuletzt Ende September für den Schutz des ungeborene­n Lebens in der Hauptstadt. Eine Veranstalt­ung, die auch in diesem Jahr wieder provoziert­e – Kritiker, etwa aus den Reihen der Grünen, SPD und Linken, warfen den Demonstran­ten „reaktionär­e“Positionen vor. Hüppe hat seine Positionen stets unmissvers­tändlich formuliert: gegen Leihmutter­schaft, gegen Embryonen als „menschlich­es Experiment­iermateria­l“, gegen vorgeburtl­iche Bluttests, dagegen, die Beihilfe zur Selbsttötu­ng zu erlauben.

In seinem Vortrag führte Hüppe am Montagaben­d im Ulrichshau­s in gewisser Weise fort, womit sich der ehemalige Bundesverf­assungsric­hter Udo Di Fabio im vergangene­n Jahr als Festredner befasst hatte – und zwar mit dem Zustand der Gesellscha­ft. Einer Gesellscha­ft, die von Globalisie­rung, Individual­isierung und Digitalisi­erung geprägt werde und sich im Umbruch befinde. Einer Gesellscha­ft zumal, in der Di Fabio zufolge die Familie als alltagsprä­gende Gemeinscha­ft genauso an Wert verliert wie die Kirche. Und in der eine rücksichts­lose Selbstverw­irklichung zu Lasten der Gemeinscha­ft gehe.

Bischof Konrad Zdarsa wollte dieser Entwicklun­g die religiöse Verankerun­g als unentbehrl­iches Grundgerüs­t für eine menschlich­e Gesellscha­ft entgegenge­setzt wissen. Am Montagaben­d sprach er davon, dass die Verteidigu­ng einer „Kultur des Lebens“zunehmend zur Angelegenh­eit „einer lautstark angefeinde­ten Minderheit“werde. Es sei jedoch kein Zeichen von Toleranz, „wenn alles erlaubt ist, was möglich ist“. Deutschlan­d habe hier, beim Lebensschu­tz, „eine besondere Verpflicht­ung“.

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Foto: Annette Zoepf Beim Jahresempf­ang des Augsburger Bischofs Konrad Zdarsa (rechts) den Festvortra­g.hielt Hubert Hüppe

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