Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Und Action, bitte!
Wer sich in den Kinosessel bequemt, der hat sich zuvor kundig gemacht. Hat sich einen Trailer angeschaut, Kritiken gelesen, das Genre ausgesucht und sich ein Bild von den Hauptdarstellern gemacht. Einen Rest an Spannung bewahrt sich der Cineast, indem er das Ende auf sich zukommen lässt. Beim Fußballfan verhält es sich ähnlich. Er ist meist im Bilde, kennt Statistiken, die Akteure und freut sich auf eine gewisse Unvorhersehbarkeit des Ergebnisses. Die Filmähnelt der Fußballbranche: Je besser und namhafter die Schauspieler, desto mehr Gage erhalten sie und desto höher sind die Aussichten, dass die Kosten wieder eingespielt werden.
Doch selbst vermeintlich schwächere Besetzungen sind dieser Tage in der Lage, auf den Bühnen und Leinwänden der Republik mit ihren Darbietungen Applaus zu ernten. Verantwortlich dafür sind die Regisseure auf den Trainerbänken. Denen liegt wenig daran, das Publikum mit Naturdokumentationen oder Liebesschnulzen zu beglücken. Ihnen steht der Sinn nach Action, Thriller und Krimis. Beispiel: Ein Leichtes wäre es gewesen, in Dortmund den gefallenen Wm-helden
Mario Götze den Siegtreffer erzielen zu lassen. Aber kitschiger Plot ist gerade nicht angesagt. Erst glich Augsburg aus – was allein dramatisch anmutete –, dann gab ein Spanier für den BVB den Superhelden und rettete die schwarz-gelbe Bevölkerung.
In Strafräumen herrschen dieser Tage anarchische Zustände, Arnold Schwarzenegger und Bruce Willis hätten ihre Freude daran. Überall wilde Ballereien. Sieben Tore in Dortmund, sechs Tore in Leipzig, vier Tore in Hannover. Kein Trainer will sich mehr darauf einlassen, dass seine Hintermannschaft die Null hält und er mit einem einzigen Treffer eine Partie zu seinen Gunsten entscheidet.
In der vergangenen Saison musste der neutrale Fußballanhänger traurig feststellen, wie uninspiriert Schalkes Trainer Tedesco die Vizemeisterschaft eintütete. Mit langweiliger Defensivtaktik reißt er jetzt niemanden von den Sitzen, nicht nur im oberen Tabellendrittel ist Spektakel mit hohem Unterhaltungswert der Trend. Selbst vermeintlich Kleine schrecken nicht davor zurück, den Schwergewichten filmreif die Stirn zu bieten. Attackieren mutig, statt sich in der eigenen Spielhälfte einzuigeln. Dass ihnen dabei ein Happy End verwehrt bleiben kann – geschenkt.
Schon jetzt darf sich Fan auf den nächsten Spieltag freuen. Und Action, bitte!