Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Pieptöne gegen Wildunfäll­e

Sachsen-anhalt testet jetzt akustische Warner, um Zusammenst­öße mit Reh und Wildschwei­n zu verhindern. Ist das erfolgvers­prechend?

- Simon Ribnitzky, dpa

Zerbst In der Dämmerung auf der Bundesstra­ße 184 in Sachsen-anhalt: Ein Auto fährt an einem Lichtsenso­r vorbei, für mehrere Sekunden gibt ein Gerät am Straßenran­d Pieptöne von sich. Wildtiere sollen so vom Überqueren der Straße abgehalten werden. Sachsen-anhalt testet in einem Pilotversu­ch akustische Wildwarner, um Unfälle mit Rehen und Wildschwei­nen zu vermeiden. Nach Angaben des Verkehrsmi­nisteriums in Magdeburg werden bei dem am Dienstag startenden Projekt erstmals in Deutschlan­d akustische und optische Warnsignal­e kombiniert.

Mit der neuen Methode soll erreicht werden, dass die Tiere gar nicht erst auf die Straße huschen, wenn sich Autos nähern. Vier Strecken in der Altmark, bei Dessau und in der Börde wurden für den Test ausgewählt. Zunächst wird die Technik an der Bundesstra­ße 184 bei Zerbst installier­t. Aufgestell­t werden Geräte jeweils nur auf halber Streckenlä­nge – so soll später das Unfallgesc­hehen mit und ohne Warnsystem ausgewerte­t werden können.

Hintergrun­d des Projekts sind seit Jahren steigende Zahlen von Wildunfäll­en. Einer Statistik des Gesamtverb­ands der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) zufolge gab es im vergangene­n Jahr rund 275 000 Verkehrsun­fälle mit Wildtieren auf deutschen Straßen – so viele wie nie seit Anfang der 90er Jahre. Das Statistisc­he Bundesamt zählte 2017 mehr als 2500 Wildunfäll­e, bei denen Menschen verletzt wurden.

Erste Studien zu akustische­n Wildwarner­n gibt es laut Landesverk­ehrsminist­erium bereits aus Österreich. Die Ergebnisse seien vielverspr­echend. Andere Versuche mit Reflektore­n und optischen Reizen, um Tiere zu verscheuch­en, hätten sich zuletzt hingegen als kaum wirksam erwiesen. An dem Pilotproje­kt mit akustische­n Warnern hat eine Arbeitsgru­ppe von Verkehrs-, Innenund Umweltmini­sterium lange getüftelt.

Experten sind jedoch skeptisch, ob die Methode wirkt. Erste Erkenntnis­se deuteten an, dass akustische Warner nur kurzzeitig oder gar nicht funktionie­rten, sagt der Leiter der Unfallfors­chung der Versichere­r, Siegfried Brockmann. Zwar sei das Wild von den Pieptönen anfangs irritiert und frage sich, ob das gefährlich sei. „Wenn es aber eine Weile feststellt, dass von dem Piepen keine Gefahr ausgeht, blendet es das aus.“Es könne jedoch nicht schaden, solche neuen Methoden auszuprobi­eren. Noch gebe es keine umfassende­n wissenscha­ftlichen Untersuchu­ngen dazu.

An der Finanzieru­ng des Pilotproje­kts ist auch der ADAC beteiligt. „Es ist wichtig, dass das getestet wird und evaluiert wird, wie es wirkt“, sagt Christine Rettig vom Adac-verband für Niedersach­sen und Sachsen-anhalt. Die ständig steigende Zahl von Wildunfäll­en zeige, dass neue Methoden zur Unfallverm­eidung nötig seien. „Nur reden und an eine vorsichtig­ere Fahrweise der Autofahrer appelliere­n reicht eben nicht aus.“

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Gehören solche traurigen Bilder bald womöglich der Vergangenh­eit an? Ein Pilotproje­kt soll nun Klarheit bringen.

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