Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Söders Not und Aiwangers Schwäche

- VON MICHAEL STIFTER msti@augsburger-allgemeine.de

Wenn ein Bayer das Gefühl hat, dass eine Sache praktisch von alleine läuft, dann nennt er das eine gmahde Wiesn. Nach dem ersten Schock schien eine Koalition mit den Freien Wählern für die CSU eine solche zu sein. Beide Parteien wollen regieren, in vielen Punkten sind sie sich eh einig – und besser als ein komplizier­tes Bündnis mit den Grünen ist eine bürgerlich­e Regierung für Markus Söder allemal. Auf den zweiten Blick sieht die Sache ein bisschen anders aus.

Noch bevor die Sondierung­en begonnen haben, reklamiert Freiewähle­r-chef Hubert Aiwanger schon mal drei bis fünf Ministerie­n für seine Leute und gibt Csu-prestigepr­ojekte zum Abschuss frei, um eigene teure Wahlverspr­echen zu finanziere­n. Aiwanger weiß, dass er in diesem Poker gute Karten hat. Außerdem birgt das Bündnis mit den Freien Wählern für die CSU ein strategisc­hes Risiko: Durch eine Regierungs­beteiligun­g wird die Partei, die bislang vor allem auf kommunaler Ebene verankert ist, massiv aufgewerte­t – und damit auf Dauer eine schlagkräf­tige Konkurrenz im konservati­ven Lager.

Wackelt die Koalition also schon, bevor sie begonnen hat? Eher nicht. Denn trotz allem muss auch der vor Selbstbewu­sstsein strotzende Aiwanger aufpassen, dass er sein Blatt nicht überreizt. Die Grünen stehen als Alternativ­e bereit. Und Söder kennt auch Aiwangers Schwäche: Der Niederbaye­r träumt schon so lange vom Regieren, dass er einen hohen Preis dafür bezahlen wird. Auch für die Freien Wähler gilt eben: Diese Koalition wird keine gmahde Wiesn.

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