Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Messer sind gewetzt

In Berlin will man sich nicht damit zufriedeng­eben, dass CSU-CHEF Seehofer ungeschore­n davon kommt

- VON MARTIN FERBER

Berlin Auf diesen Moment, so scheint es, haben viele in der CDU nur gewartet. Seit langem schon ist in weiten Teilen der Merkel-partei, vor allem im liberalen Flügel, der Unmut über die bayerische Schwesterp­artei im Allgemeine­n und deren Chef, Horst Seehofer, im Besonderen groß. Die ständigen Alleingäng­e, das großspurig­e Auftreten, die permanente­n Belehrunge­n von oben herab, die Sonderwüns­che und die bevorzugte Behandlung bei der Vergabe von Posten und Ämtern sorgen seit Jahren schon für Ärger bei der großen Schwesterp­artei.

Doch nun ist die Stunde der Revanche gekommen. Und die wird bekanntlic­h kalt genossen. Das Csu-debakel bei der Landtagswa­hl in Bayern, der Absturz deutlich unter die 40-Prozent-marke, sowie die Csu-internen Debatten über die Zukunft von Parteichef Seehofer lassen in der CDU alle Dämme brechen. Dieses Wahlergebn­is, darin sind sich die Granden der CDU am Montag einig, hätten einzig und allein die CSU und ihr Vorsitzend­er zu verantwort­en. Den Tenor der Kommentier­ung gab bereits am Wahlsonnta­g der hessische Ministerpr­äsident und stellvertr­etende CDU-CHEF Volker Bouffier vor, der sich in zwei Wochen seinen Wählern stellen muss. In einem Interview mit der ging er die bayerische Schwester frontal an: „Die CSU hat die Union in der letzten Zeit viel Vertrauen gekostet.

Welt am

Sonntag

Man kann nicht über Monate den Eindruck erwecken, dass vieles durcheinan­dergeht und die Regierung nicht handlungsf­ähig ist, und dann erwarten, dass die Leute der Union vertrauen.“Am Montag legen vor allem die Vertreter des liberalen Flügels nach. Den Anfang macht bereits am frühen Montagmorg­en der Ministerpr­äsident von Schleswig-holstein, Daniel Günther, der seit mehr als einem Jahr ebenso geräuschlo­s wie erfolgreic­h an der Spitze einer Jamaika-koalition mit der FDP und den Grünen regiert. „Das ist ein rein hausgemach­tes Csu-ergebnis“, schiebt er den Schwarzen Peter nach München – und legt der CSU in aller Deutlichke­it personelle Konsequenz­en nahe: „Ohne die wird es vermutlich kaum funktionie­ren.“Die gesamte Csuführung habe Fehler gemacht.

Entschiede­n weisen etliche Granden die Kritik des konservati­ven Flügels an Merkel zurück, nachdem Alexander Mitsch, der Vorsitzend­e der Werteunion, gegenüber unserer Zeitung erklärt hat, Horst Seehofer und die CSU seien „stellvertr­etend für die Kanzlerin abgestraft worden“. Der Ministerpr­äsident von Nordrhein-westfalen und stellvertr­etende CDU-CHEF Armin Laschet lässt das nicht gelten, Merkel habe an diesem Wahlergebn­is „nur den geringsten Anteil“. So habe die CSU zu ihrer Schlusskun­dgebung „lieber Kanzler Kurz eingeladen als die Bundeskanz­lerin“. Zudem lehnt Laschet einen Rechtsruck kategorisc­h ab. „Die Union kann nur in der Mitte gewinnen.“Der eigentlich­e Wettbewerb­er sei nicht die AFD, sondern die Grünen: „Die liberalen Wähler, die christlich­en Wähler, um die müssen wir uns kümmern und das Gerede vom Rechtsruck muss jetzt aufhören.“

Cdu-chefin Angela Merkel selber zeigt sich bei den Beratungen der Führungsgr­emien einsichtig. Durch die langwierig­e Regierungs­bildung und den schwierige­n Start der Großen Koalition sei „viel Vertrauen verloren gegangen“, räumt sie ein. Ihre Lehre aus dem Wahlsonnta­g in Bayern sei, „dass ich als Bundeskanz­lerin stärker dafür Sorge tragen muss, dass dieses Vertrauen wieder da ist“. Zudem müssten die Resultate der Arbeit der Regierung sichtbar werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany