Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein bisschen Odyssee

Auf dem Landweg nach Griechenla­nd: ein Abenteuer auf der Straße

- VON ROXANA HARTL

„Straße ohne Namen“steht im Navigation­ssystem. Es ist ein nagelneues Gerät. Dennoch hat es keine Bezeichnun­g für die breite Asphaltstr­ecke jenseits von Ioánnina. Es ist nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass das Navi in die Anonymität wechselt. Wer sich über Land auf den Weg nach Griechenla­nd macht, erlebt zweifelsoh­ne ein kleines Abenteuer. Es heißt: Nur nicht aus der Ruhe bringen lassen! Zunächst führt die Route ins bergige Nachbarlan­d. Während man an der österreich­ischen und slowenisch­en Grenze lediglich an den Vignetten-kauf denken muss, werden an den folgenden Länderüber­gängen tatsächlic­h Kontrollen durchgefüh­rt. In der Nebensaiso­n heißt das meist nur Ausweise und Papiere zeigen, manchmal den Kofferraum öffnen. In der Hauptsaiso­n müssen sich Reisende teilweise auf stundenlan­ge Wartezeite­n gefasst machen. Stabil bleiben

Links, rechts, abbremsen, Gas geben, links, rechts … Ja, ein Gefährt mit Automatikg­etriebe ist ab der Küstenregi­on Kroatiens durchaus von Vorteil. Ebenso wie schwindelf­reie und magenstabi­le Autoinsass­en. Serpentine­n winden sich vorbei an Hotels und steinigen Stränden, die typisch für die raue Schönheit des Landes sind. Aber das ist nur ein Vorgeschma­ck auf das, was einen in Montenegro erwartet. Schmale Straßen – oft eher Pfade – führen durch kleine Dörfer und wilde Landschaft­en. Als Fahrer hat man kaum Zeit, den atemberaub­enden Ausblick von den Bergen aufs Adriatisch­e Meer zu genießen, ist man doch damit beschäftig­t, das Auto in der Spur zu halten. Es wird durchaus spannend, wenn einem andere Gefährte entgegenko­mmen. Umso erstaunlic­her, dass die Einheimisc­hen scheinbar ungebremst zwischen Berghängen und dem Abgrund dahinbraus­en. Waghalsige Überholman­över sind keine Seltenheit. In Albanien, dem letzten Zwischenst­opp vor Pita, Greek Salad & Co., wird die Straße breit und eben. Die luftigen Höhen und engen Kurven Montenegro­s sind schnell vergessen. Die SH4 ist eine Nationalst­raße, das albanische Pendant einer Autobahn – und doch so ganz anders. Ohne äußere Leitplanke­n, ohne Lärm- oder Fußgängers­chutz führt sie durch Dörfer und Städte, vorbei an Feldern mit Vieh und spärlicher Bepflanzun­g.

Mit Esel auf der Autobahn Jeder nutzt die Autobahn. Hier ein Esel, da ein antik anmutender Traktor. Menschen steigen über die Mittelleit­planke und spazieren über die Straße, während sich rasend schnell Autos nähern. Wer langsam ist, fährt auf dem Standstrei­fen. Links davon drängeln sich teilweise drei Autos nebeneinan­der vorbei – obwohl die Fahrbahn nur zweispurig ist. So ungeheuerl­ich das für ausländisc­he Augen auch sein mag, so muss man die Einheimisc­hen doch für ihre Seelenruhe in diesem Chaos bewundern. Mitten auf der Straße hört eben jene plötzlich auf: Bauarbeite­n. Keine Umleitung. Kein Straßenbel­ag, nicht einmal planierter Kies. Die Stoßdämpfe­r quälen sich über zwei Kilometer ab. Und die Bauarbeite­r? Sind ihre eigenen Verkehrspo­lizisten. Mit wachen Augen und bunten Fähnchen regeln sie den Verkehr, helfen einem sofort aus, wenn sie erkennen, dass man nicht weiterkomm­t. Dann wird es plötzlich ruhig. Hinterhalb von Fier, einer mittelalba­nischen Stadt, ist der Asphalt frisch und die Straße leer. Und dann ist es geschafft. Griechenla­nd begrüßt den Reisenden mit grünen Bergen und üppigen Olivenhain­en. Die streckenwe­ise namenlose Autobahn bringt einen nach Thessaloni­ki oder Olympia, nach Metéora oder Athen. Zahllose schöne Orte erwarten Urlauber in Griechenla­nd. Auf dieser Art von Reise ist allerdings auch der Weg das Ziel.

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Fotos: Roxana Hartl (2) Berge, Schluchten, Serpentine­n: Griechenla­nd lockt mit seiner ungezähmte­n Schönheit jährlich viele Touristen an. Ein besonderes Abenteuer ist, auf dem Landweg dorthin zu reisen.
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Filippou, ?? Ein beliebtes Ziel in Griechenla­nd ist Thessaloni­ki mit seinem Weißen Turm.
Foto: stock.adobe.com Stelios Filippou, Ein beliebtes Ziel in Griechenla­nd ist Thessaloni­ki mit seinem Weißen Turm.
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Alte Traktoren, Esel, Fußgänger und parkende Autos – auf der albanische­n Autobahn nichts Ungewöhnli­ches.

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