Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Joachim Löw: Wie eine Ära enden kann
Binse: Alle schönen Sachen sind endlich. Ehen (früher oder später). Laue Sommerabende. Sogar
Wetten, dass ... Wahres Glück ist es, Zauberhaftes zauberhaft enden zu lassen. Im Falle der Ehe: schwierig. Aber ein Sommerabend, der seinen Schluss durch ein kräftiges Gewitter erfährt, ist eine wundervolle Sache. Thomas Gottschalk immerhin gelang es, das Lagerfeuer der Nation gerade noch rechtzeitig zu verlassen, ehe sich die Zuschauer abwandten. Ein würdiger Abschied.
Noch ist die Frage nicht geklärt, wie das Ende von Joachim Löw als Bundestrainer in Erinnerung bleiben wird. Derzeit scheint es aber nicht so, als würde er den Weg von Thomas Gottschalk gehen. Der Moderator akzeptierte, dass ihm eine Modernisierung der Sendung nicht gelingen wird. Löw wiederum glaubt an eine von ihm eingeleitete Erneuerung. Glaube versetzt im Sport aber selten Berge. Konzepte und Arbeit sind die Bedingungen für Veränderungen. Der Bundestrainer aber wirkt eher wie ein Dinosaurier. Denen blieb es verwehrt, sich auf veränderte Umstände einzustellen. Einst mächtig, fristen sie heute ein knöchernes Dasein unter Eis und Erde.
Wenn die deutsche Mannschaft heute gegen Frankreich spielt, könnte es der letzte Auftritt von Löw als Trainer des Auswahlteams sein. Eine hohe Niederlage ist nicht auszuschließen. Der Druck auf einen scheinbar beratungsresistenten Coach würde anschließend zu groß.
Noch aber hat er die Chance, seine Amtszeit einem versöhnlichen Ende zuzuführen. Entweder ihm gelingt es doch noch, die Mannschaft strukturell zu erneuern – oder er tritt nach den beiden Länderspielen im November zurück. Voraussetzung für beide Szenarien ist ein mindestens anständiger Auftritt heute gegen Frankreich. Dass dieser Minimalanspruch infrage steht, zeigt die Misere der Nationalmannschaft. Eine Klatsche gegen Frankreich wäre das unwürdige Ende einer Ära. Nicht jedem gelingt der Gottschalk-absprung.