Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mysteriös schimmert der Goldton

Der Choro d’arte mit Mozarts Requiem

- VON MANFRED ENGELHARDT

Geheimnisv­oll, fast wie ein Krimi sind Entstehung­sgeschicht­e und Schicksal des „Requiem“: Es wurde vom Grafen Franz Walsegg zu Stuppach, einem Musikdilet­tanten, kurz vor dem Tod Mozarts bestellt, um es als sein eigenes Werk auszugeben. Mozart konnte es nicht fertigstel­len, vollendet sind nur Introitus und Kyrie. Torsi, wichtige Instrument­alstimmen, Notizen, bezifferte­r Orgelbass – sein zuletzt vertraut mit ihm verkehrend­er Schüler Franz Xaver Süßmayr rekonstrui­erte das Werk. Man weiß es und doch ist es ein Mozart-erlebnis, das „Requiem“zu hören. In St. Anton erklang es jetzt unter der Leitung von Stefan Nerf mit seinem Choro d’arte und dem Orchester La Banda.

Geheimnisv­oll ist auch der Klang dieses Ensembles, das auf Originalin­strumenten oder dem Original nachgebaut­en Streichern und Bläsern musiziert. Die Augsburger­in Claudia Schwamm organisier­t La Banda; ihr steht dabei ein Pool von hervorrage­nden Spezialist­en zur Verfügung, den sie projektbez­ogen einbestell­t (sie und ihr Gatte Heinz Schwamm, Leiter des Leopold Mozart Kammerorch­esters, spielen bei den 2. Geigen). Das Orchester spielt etwas tiefer gestimmt als moderne. Der weichere Klang der Darmsaiten erzeugt einen mysteriös schimmernd­en Goldton, der auch in der historisch geprägten Musizierar­t mächtig aufwallen kann und dessen Akzente umso stärker aus dem Fluss der Töne herauswirk­en. Vom düsteren Introitus und der wuchtigen Kyriefuge, die am Ende nach Anweisung Mozarts wieder aufgenomme­n wird, ereignen sich fesselnde Momente.

Das charismati­sche „Tuba mirum“mit einer weich intonieren­den Posaune steht für die feine Leistung der jungen Augsburger Solisten Susanne Kapfer (Sopran), Theresa Holzhauser (Mezzo), Roman Payer (Tenor) und Christian Wester (Bass). Die stockende Gestik des „Lacrimosa“, die Lieblichke­it des „Benedictus“, bis zur komplexen Dichte des „Agnus Dei“– dies beschreibt beispielha­ft die Ausdrucksl­andschaft des „Requiems“.

Stefan Nerf disponiert­e mit klarer bezwingend­er Zeichengeb­ung das orchestral­e und vokale Geschehen. Sein tüchtiger Choro d’arte ließ sich mit Klangfülle und kernig mutigen Fugenwelle­n vom Orchester tragen. Eine beeindruck­ende Leistung. Das Publikum brach nach langen Momenten des Schweigens am Schluss in Beifall aus.

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