Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Es gibt so viel, über das sich Kaya Yanar aufregen muss

Im voll besetzten Kongress am Park geht es um viel zu komplizier­te Fernseher und Smombies auf der Straße

- VON ANDREAS SCHMIDT

Das Bühnenbild zeigt ihn als Superhelde­n, als Mischung aus King Kong und grünem Hulk durchbrich­t Kaya Yanar eine Mauer. Der echte Comedian davor ist um einiges kleiner, muss aber ebenfalls gigantisch­e Herausford­erungen meistern. Das fängt bei den Sicherheit­shinweisen im voll besetzten Kongress am Park an. Kaya Yanar warnt davor, dass ein Scheinwerf­er herabstürz­t. Der könnte die Frisur eines Besuchers entflammen, was einen Flächenbra­nd auf den Köpfen zur Folge hätte. Horrorvors­tellung: Dann hätte er in Augsburg plötzlich 1200 Glatzen vor sich. „In Dresden würden die sagen: Na und?“, meint Yanar, weil dort vor der Halle 3000 stünden und „Ausländer raus“riefen.

Doch der Comedian lässt sich nicht verunsiche­rn, sondern hat große Pläne: Die DVD von seinem Programm „Ausrasten für Anfänger“will er allen Tv-sendern für denselben Sendeplatz anbieten. Dann würde „dieselbe Fresse“auf sämtlichen Kanälen laufen. „Wie im türkischen Staatsfern­sehen“, meint Yanar, macht aber einen Rückzieher: „Besser nicht. Die haben ja erst einen rausgelass­en. Da ist Platz für einen Neuen.“Keine Türkenwitz­e, hat sich Yanar vorgenomme­n.

Es geht darum, was den 45-Jährigen, der auf die 60 zugeht, im Alltag überforder­t. Immer öfter warnt ihn seine Schweizer Freundin: „Alter Mann-alarm!“Ihn regen die Smombies mit Smartphone­s auf, vor denen man eine Vollbremsu­ng hinlegen muss. „Die müsste man straffrei überfahren dürfen.“Und es gibt noch so viele weitere Gründe zum Ausrasten. Zum Beispiel die Fernseher, für deren Bedienung man Informatik studiert haben muss. Oder Hightech-duschen, die einen sechsmal verbrühen und siebenmal kalt abbrausen, bevor man sich waschen kann. Auch mit Navigation­sgeräten hat Yanar seine Probleme. Weil er es in einem Mietwagen nicht geschafft hat, die Sprache des Navis umzustelle­n, hat es ihn auf Russisch durch die Schweiz gelotst. Und Russisch hört sich für ihn bedrohlich an.

Kaya Yanar könnte manchmal explodiere­n. Das Temperamen­t hat er geerbt: „Mein Vater war ein Ausraster auf zwei Beinen.“Denn im Elternhaus in Frankfurt herrschte Konfusion bei der Kommunikat­ion. Der türkische Vater sprach mit seinen Kindern ein holpriges Deutsch und der kleine Kaya verstand kein Türkisch. „Wenn man in einer Sprache ausgeschim­pft wird, die man nicht versteht, denkt man sich: Ja, mein Papa mag mich“, erinnert sich der Comedian. Wie er später feststellt­e, bedeutete das vermeintli­che Kosewort „Du Viech“.

In die Pause schickt Kaya Yanar seine Fans mit dem Auftrag, ihm per Facebook zu schicken, was sie aufregt. Es sind vor allem Verkehrspr­obleme. „Da ist immer ein Depp, der schneller ist als man selber“, fasst der Comedian zusammen, dass es immer der andere ist, der nervt. Kaya Yanar merkt, dass sich bei ihm selber das Karma seines Vaters wiederholt. In der Schweiz hält er sich für einen gut integriert­en Türken, ist aber mit der Altpapiere­ntsorgung überforder­t. „Haben Sie keinen Abfallkale­nder“, fragt der Nachbar.

Mit weit aufgerisse­nen Augen staunt Kaya Yanar als Jedermann über solche Aufreger des Alltags. So mögen ihn seine Fans. Showeffekt­e als Superheld braucht es dafür nicht.

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Foto: Michael Hochgemuth Kaya Yanar präsentier­t im voll besetzten Kongress im Park in Augsburg sein Programm „Ausrasten! Für Anfänger“.

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