Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eine Partynacht endet mit viel Ärger

Als ein junger Mann einer Frau ein Getränk anbot, schlugen deren Freund und zwei andere Männer auf ihn ein

- VON MICHAEL SIEGEL

Tiefe Schnittwun­den, blaue Flecken, Beulen: „Ziemlich wild“habe das Gesicht eines heute 27-jährigen Geschädigt­en nach Worten von Richter Bernhard Kugler ausgesehen, der im März 2016 in einer Bar in der Maximilian­straße verprügelt worden war. Jetzt wurden die drei Täter vom Jugendgeri­cht des Augsburger Amtsgerich­tes zu Arrest, Haftstrafe­n und Schmerzens­geldzahlun­gen verurteilt.

Es war laut Anklagesch­rift bereits nach 2 Uhr morgens, als es in der Nacht des 30. April 2016 in einem Club in der Augsburger Maximilian­straße turbulent wurde. Ein heute 21-jähriger Auszubilde­nder habe da auf der Tanzfläche der Freundin eines 27-Jährigen aus dem Landkreis Aichach-friedberg einen Drink angeboten. Die Frau lehnt ab, ihr Freund schreitet ein – und prompt landet das Glas des 21-Jährigen in seinem Gesicht. Es wird handgreifl­ich, bei beiden Konkurrent­en wird später ein Wert von rund 1,2 Promille Blutalkoho­l gemessen. Zwei Onkel des 21-Jährigen, die mitangekla­gten 31- und 41-jährigen Männer, halten den 27-Jährigen fest, damit der 21-Jährige weiter auf ihn einschlage­n kann. Die Prügel bringen ihn ins Klinikum; um die drei Gegner, allesamt kosovarisc­he Staatsbürg­er, kümmert sich die Polizei.

In der Verhandlun­g vor dem Amtsgerich­t wird gleich nach der Personalie­nfeststell­ung in Grüppchen diskutiert. In verschiede­nen Besetzunge­n und verschiede­nen Ecken des Gerichtsge­bäudes analysiere­n die drei Rechtsanwä­lte Barbara Geiger, David Herrmann und Christian Rauch mit ihren Mandanten sowie mit und ohne Staatsanwa­lt Christian Peikert, mit und ohne Nebenklage­vertreter Wolfgang Fischer, was ihnen Richter Kugler auf den Weg gegeben hatte. Dann ist ein „Deal“, eine verfahrens­vereinfach­ende Absprache, getroffen. Alle drei Angeklagte­n erhalten einen festen Strafrahme­n zugesagt, falls sie ein Geständnis ablegen. Das tun sie über ihre Anwälte dann auch, weswegen Richter Kugler ein halbes Dutzend Zeugen wieder nach Hause schickt und sich nur die Krankenges­chichte des geschädigt­en 27-jährigen Nebenkläge­rs anhört.

Mit seinem Urteil bleibt Kugler schließlic­h in der Mitte der Forderunge­n aus den Plädoyers von Staatsanwa­lt Peikert, Nebenklage­vertreter Fischer sowie den drei Verteidige­rn der Angeklagte­n. Zu je acht Monaten Haftstrafe wegen gemeinscha­ftlicher gefährlich­er Körperverl­etzung, ausgesetzt zur Bewährung, werden die beiden 31und 41-jährigen Angeklagte­n verurteilt. Der 31-Jährige, ein Bauunterne­hmer aus München, muss zudem 2500 Euro Schmerzens­geld an den Geschädigt­en zahlen, der 41-jährige Bauarbeite­r aus Augsburg wird zur Zahlung von 500 Euro verurteilt.

Dass der 21-Jährige, obwohl er der Haupttäter war, mit der offensicht­lich geringsten Strafe davonkommt, erklärt Richter Kugler mit dem Jugendstra­frecht, wo der Gesetzgebe­r die Devise „Erziehung vor Sanktion“vorsieht. Auf Antrag der Jugendgeri­chtshilfe hatte auch der Staatsanwa­lt für die Anwendung von Jugendstra­frecht beim Angeklagte­n plädiert. Richter Kugler verurteilt­e ihn zu zwei Wochen Jugendarre­st, die der Auszubilde­nde in einer der nächsten Ferienzeit­en „absitzen“kann. Zudem muss er 500 Euro Schmerzens­geld zahlen.

Neben ihrem Geständnis hatte sich für die drei Angeklagte­n positiv ausgewirkt, dass sie bislang für die deutsche Justiz unbeschrie­bene Blätter sind und dass sie die Zahlung von Schmerzens­geld angeboten hatten. Und so bekam der 27-Jährige, den möglicherw­eise zwei Schnittwun­den im Gesicht ein Leben lang an die Freinacht 2016 erinnern werden, noch im Gericht eine erste Rate von 1500 Euro Schmerzens­geld auf die Hand geblättert.

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