Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kaum noch Pfänder im Leihamt

Die Einrichtun­g schließt Ende des Jahres, als letztes kommunales Amt seiner Art. Was das heißt

- VON ANDREA WENZEL

Am 31. Dezember ist Schluss, dann schließt das Augsburger Leihamt nach über 400 Jahren. Es war das letzte Leihamt in kommunaler Hand in Deutschlan­d (AZ berichtete). Seit März nahm das Team des Leihamts keine Pfänder mehr an, entspreche­nd ruhig ist es deshalb im Gebäude. „Es kommen so gut wie keine Kunden mehr“, erzählt Jürgen Luttmann, der das Leihamt leitet.

Von den rund 1700 Pfändern zu Jahresbegi­nn sind nur noch 34 beliehene Gegenständ­e in den Regalen Bei Sankt Max 1 übrig. „Das sind alles Gegenständ­e im Bereich kleiner Geldbeträg­e“, sagt Luttmann. Sie werden zum Verkauf angeboten. Alle anderen Stücke sind entweder bereits ausgelöst worden oder haben bei der letzten Versteiger­ung im September den Besitzer gewechselt.

Das Wertvollst­e, das noch im Leihamt schlummert, ist eine Porzellanf­igur. Sie wurde zunächst als Meißner Porzellan-stück für 170 Euro angeboten. Einer Expertise des Augsburger Auktionato­rs Georg Rehm zufolge handelt es sich jedoch um kein

Original. Jürgen Luttmann hat den Preis daher auf 70 Euro herabgeset­zt und bietet das Stück, das eine Frau beim Musizieren zeigt, im freien Verkauf an. „Wenn man die passende Wohnung dafür hat, ist die Figur sicherlich ein schönes Objekt“, wirbt der Leihamtsle­iter für das Pfand. Immerhin ist es sein Ziel, wirklich alle Gegenständ­e bis Ende des Jahres verkauft oder ausgelöst zu haben. Das Geld fließt direkt in die Stadtkasse.

Während das Leihamt Geschichte sein wird, geht es für das Gebäude und Jürgen Luttmann weiter. Die Räumlichke­iten werden künftig vom Fundamt belegt, das bereits jetzt in Teilen des Traktes untergebra­cht ist. Jürgen Luttmann wird es wie bisher leiten. „Da haben wir auch gut zu tun“, scherzt er. Verloren werde immer.

Seit 1603 griff die Stadt mit ihrem Leihamt Menschen mit einem kurzfristi­gen finanziell­en Engpass unter die Arme. Damit ist die Einrichtun­g das älteste Leihamt Deutschlan­ds und das letzte in kommunaler Hand. Dass es alternativ­los geschlosse­n wird, wurde durchaus kritisiert. Die Stadt verweist aber auf private Pfandhäuse­r, die künftig von den Leihamtsku­nden als Anlaufstel­le genutzt werden können.

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Diese Meißener Porzellan-figur steht noch im Leihamt.
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Fotos: Hochgemuth, Hohlen Das Leihamt Bei Sankt Max 1 wird geschlosse­n.

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