Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Höchst nebulös
Sie sind wieder da: Weiße Wolken auf Wiesen. Was für ein Glück!
Hesse ist schuld. Der Dichter. Zumindest mitschuldig. Sein bekanntes Gedicht „Im Nebel“kann einen richtig runterziehen. Hesse hat dem Nebel einen Stempel aufgedrückt. Einen negativen. Zumindest kann man es so lesen: „Seltsam, im Nebel zu wandern! Einsam ist jeder Busch und Stein, kein Baum sieht den anderen, jeder ist allein.“Na prima. Schwermut, wohin das Auge reicht.
Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, auch so denken, kommen harte Zeiten auf Sie zu. Denn sie sind wieder da, die weißen Wolken am Boden. Am Morgen. Ja oft sogar den ganzen Tag. Und keine Frage: Autofahren ist dann kein Spaß. Aber, mal ehrlich: Davon abgesehen ist doch nebulös, warum dieses wunderbare Wetterphänomen so negativ besetzt ist. Denn ist es nicht Nebel, der atemberaubende Stimmungen zaubert, der schon den Morgen in ein ganz anderes, spirituelleres Licht taucht? Ist der Nebel nicht ein Künstler? Schmucklose Gegenden verwandelt er in mystische Landschaften, Berge und Brücken in spektakuläre Gebilde, Wälder in Märchenorte. Und er lädt sogar ein, kurz mal zu verschwinden. Ist Nebel nicht ein bisschen wie Schnee? Er macht die Welt stiller, stillt die Sehnsucht nach Ruhe. So gesehen, haben entspannte Zeiten begonnen.
Aber auch für Sonnenanbeter gibt es ein wenig Trost: Dieses Wochenende wird noch einmal spätsommerlich, sagt Meteorologe Stefan Zender von Wetterkontor. Allerdings erst, wenn sich der Nebel auflöst.