Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gaya – die Giraffe, die sich nicht traut
Der Augsburger Zoo bekam dieses Jahr drei neue Tiere. Während sich zwei im Afrikapanorama frei bewegen, flaniert die zwölfjährige Giraffendame aus Paris nur auf dem Kies. Das Grün lässt sie links liegen – aber warum?
Diesen Supersommer konnte Giraffe Gaya nicht in vollen Zügen genießen. Seit fünf Monaten ist die Giraffendame in Augsburg, ein entspannter Spaziergang über das weitläufige Afrikapanorama im Zoo war für sie aber nicht drin: Während ihre Gefährtinnen Zarafa und Kimara das Gehege für sich erobert haben, verweigert Gaya den Ausflug ins Grüne und steht stattdessen auf Kies. Und das im wörtlichen Sinn.
Da half bislang auch kein Griff in die Trickkiste, denn selbst ihren heiß geliebten Zwieback verschmäht sie, wenn sie dafür auf den Rasen gehen müsste. Das Grün schreckt die zwölfjährige Giraffe offenbar nach wie vor ab. Warum? Das Zoo-team ist ratlos.
Ende April kamen die jungen Giraffendamen Zarafa aus Brünn (Tschechien) und Kimara aus Kronberg (Hessen) nach Augsburg. Beide sind knapp drei Jahre alt. Giraffendame Gaya stieß wenig später dazu. Sie kam aus dem Pariser Zoo und ist mit ihren zwölf Jahren um einiges älter als ihre Gefährtinnen. „Wir dachten, dass sie die Führungsrolle übernimmt. Das macht sie aber nicht“, sagt Zoo-chefin Barbara Jantschke.
Während die beiden jungen Tiere bereits Ende Juni das erste Mal das Afrikapanorama inspizierten, traute sich Gaya erst Ende Juli überhaupt vors Giraffenhaus. Allerdings nur wenige Schritte – bis zur Rasenkante, um genau zu sein. Inzwischen flaniert sie auch gerne im Freien, doch den Kiesweg verlässt sie dafür nicht. „Wahrscheinlich kennt sie es von Paris nicht anders“, vermutet Jantschke, warum Gaya so vorsich- tig ist. In der Anlage, in der Gaya zuvor gelebt hatte, gab es keinen Rasen. „Wir wollen nichts erzwingen“, ist Jantschke wichtig. Denn von ihrer Angst vor dem Rasen abgesehen, habe sich Gaya gut in Augsburg eingelebt. Sie frisst ordentlich und versteht sich gut mit ihren beiden Genossinnen.
Dass die Vorsicht und Geduld, die die Zoo-mitarbeiter walten lassen, nicht übertrieben sind, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. Zur Erinnerung: Vor vier Jahren hatte es einen tödlichen Unfall bei den Giraffen gegeben. Der junge Kiano wurde so sehr von einem springenden Zebra erschreckt, dass er gegen einen Metallstab rannte, einen Schädelbruch erlitt und starb.
Nach mehreren Todesfällen wurde die Giraffenhaltung im Zoo Augsburg im Jahr 2015 vorübergehend aufgegeben. Die veraltete Anlage
Der Zoo hofft, dass die Sehnsucht wächst
wurde modernisiert, um eine neue Herde aufbauen zu können. Giraffen sind Fluchttiere. Sie gelten als schreckhafte und vorsichtige Lebewesen. Die Zoo-chefin ist sich sicher, dass sich alles einspielen wird. „Es dauert nur ein bisschen.“Im Herbst und Winter besteht für Gaya weiterhin die Gelegenheit, das Grün kennenzulernen. So lange es nicht glatt und rutschig ist, dürfen die Giraffen in ihr Freigelände.
Die Mitarbeiter des Zoos hoffen, dass irgendwann die Sehnsucht nach einem Spaziergang über das Afrikapanorama so groß sein wird, dass Gaya ihre Scheu vor dem Grün überwindet.