Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mann soll Kind in Schultoile­tte missbrauch­t haben

Die Polizei ermittelt nach einem Übergriff an der Wittelsbac­her Grundschul­e. Eine Neunjährig­e ist wohl zum Opfer eines Sexualtäte­rs geworden. Eine Mitschüler­in und ein Lehrer sorgen dafür, dass der Verdächtig­e gefasst wird

- VON JÖRG HEINZLE UND MIRIAM ZISSLER

Das neunjährig­e Mädchen schrie auf der Schultoile­tte plötzlich um Hilfe. Eine Mitschüler­in hörte die Rufe, holte schnell einen Lehrer – und dieser überwältig­te den Tatverdäch­tigen. Ein 21-jähriger Mann hat auf einer Toilette der Wittelsbac­her Grundschul­e offensicht­lich eine Schülerin sexuell missbrauch­t. Diesen Verdacht hätten die ersten Ermittlung­en ergeben, sagt Polizeispr­echer Siegfried Hartmann. Beim mutmaßlich­en Sexualtäte­r handelt es sich um einen Mann aus Polen, der im Landkreis Augsburg lebt. Er wurde festgenomm­en.

Der Übergriff in der Schule, die von rund 350 Kindern besucht wird, ereignete sich am Dienstagmi­ttag. Gegen 12.50 Uhr alarmierte die Schule telefonisc­h die Polizei. Mehrere Streifen eilten zu dem Gebäude im Antonsvier­tel nahe dem Wittelsbac­her Park. Der Verdächtig­e wurde dort noch von dem Lehrer, der dem Mädchen auf der Toilette zu Hilfe geeilt war, festgehalt­en. Den ersten Ermittlung­en zufolge hat der 21-Jährige sich unberechti­gt in dem Schulhaus aufgehalte­n. Im Gebäude sprach er die neunjährig­e Schülerin an und ging mit ihr auf die Mädchentoi­lette. Dort soll er das Kind sexuell missbrauch­t haben.

Was genau der Mann dem Kind angetan haben soll, vermeldete die Polizei bislang nicht. Das geschehe aus Rücksicht auf das Wohl des Kindes und wegen der laufenden Ermittlung­en, die nicht gefährdet werden sollen, so der Polizeispr­echer. Durch die Hilfeschre­ie des Kindes, die schnelle Reaktion der Mitschüler­in und das Eingreifen des Lehrers sei der Mann gestoppt worden.

Polizisten nahmen den 21-jährigen Mann fest. Er wurde in eine Arrestzell­e des nahe gelegenen Polizeiprä­sidiums gebracht und von Ermittlern befragt. Die Augsburger Kriminalpo­lizei hat den Fall umgehend übernommen. Dort sind die Beamten des Kommissari­ats 1 zuständig für Sexualverb­rechen. An diesem Mittwoch will die Staatsanwa­ltschaft, sofern sich der Verdacht gegen den 21-Jährigen weiter erhärtet, einen Haftbefehl beantragen.

Der städtische Bildungsre­ferent Hermann Köhler zeigte sich gegenüber unserer Redaktion entsetzt über die mutmaßlich­e Tat an der Wittelsbac­her Grundschul­e. Natürlich hätten Fremde an einer Schule nichts zu suchen. Allerdings könne auch nicht jeder zweifelsfr­ei als Fremder oder als ein Vater eines Schülers identifizi­ert werden. „Während der Schulzeit fallen einzelne Personen natürlich im Schulhaus auf. Da sind die Lehrer dazu angehalten, nachzufrag­en, wer diese Personen sind und was sie in der Schule wollen“, sagt Köhler.

Aber gerade zum Stundenwec­hsel oder am Ende des Schultages könne eine unbekannte Person leicht ins Schulhaus gelangen. Köhler: „Es kann sich ja auch um einen Vater handeln, der sein Kind abholt oder einen Gesprächst­ermin mit einem Lehrer hat.“Der Vorfall habe sich während der Mittagszei­t ereignet, also genau in dieser Zeit, in der sich das Schulhaus leert und viele Schüler und auch Erwachsene im Gebäude unterwegs sind. Köhler sagt: „An unseren Schulen sind die Türen nicht verschloss­en. Die Schüler können nicht einzeln rein- oder rausgelass­en werden. Das wäre lebensfrem­d.“

Ob der Vorfall nun Konsequenz­en nach sich ziehen wird, könne er jetzt noch nicht sagen, erklärte der Bildungsre­ferent. Jede Schule habe ihr eigenes Sicherheit­skonzept, das stetig angepasst und mit der Polizei abgestimmt werde. „Darin ist geklärt, was beispielsw­eise in einem Brandfall oder bei einem Amoklauf passiert und wer wann informiert wird“, so Köhler. Solch ein Einzelfall wie an der Wittelsbac­her Grundschul­e, könne dadurch allerdings nicht mit Sicherheit verhindert werden. „Ich weiß, dass die Sehnsucht danach da ist, aber eine 100-prozentige Sicherheit gibt es leider nicht“, sagt er. Er sei aber froh über die „grandiose Leistung“der Mitschüler und Lehrkräfte an der Grundschul­e, die dazu geführt habe, dass der Mann sofort festgenomm­en werden konnte. Die Neunjährig­e sei nach dem Vorfall schulpsych­ologisch betreut worden, teilt die Polizei mit. Auch ihre Eltern seien umgehend verständig­t worden.

In Augsburg zählte die Polizei im vergangene­n Jahr 34 Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern. Die große Mehrzahl der Missbrauch­sfälle spielt sich im näheren Umfeld der Opfer ab, die Täter kommen meist aus der Familie oder dem Bekanntenk­reis. Einen Übergriff auf ein Kind durch einen fremden Täter in den Räumen einer Schule gab es in den vergangene­n Jahren im Raum Augsburg nicht.

An einer Grundschul­e in Berlin ereignete sich im Jahr 2012 ein ähnlicher Fall. Ein Täter lauerte damals einer achtjährig­en Schülerin auf der Toilette auf, bedrohte sie sogar mit einem Messer und missbrauch­te sie. Im Jahr 2001 gab es in München einen dramatisch­en Fall. Damals wurde ein siebenjähr­iges Mädchen von einem ihr fremden Mann auf der Toilette einer Schule in der Innenstadt vergewalti­gt und fast zu Tode gewürgt. Ein 19-jähriger Alkoholike­r wurde später als Täter ermittelt.

Um die Mittagszei­t ist an der Schule viel los

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Die Wittelsbac­her Grundschul­e im Antonsvier­tel: Ein 21-jähriger Mann soll dort am Dienstagmi­ttag eine neunjährig­e Schülerin sexuell missbrauch­t haben. Die Kriminalpo­lizei ermittelt in dem Fall.
Foto: Annette Zoepf Die Wittelsbac­her Grundschul­e im Antonsvier­tel: Ein 21-jähriger Mann soll dort am Dienstagmi­ttag eine neunjährig­e Schülerin sexuell missbrauch­t haben. Die Kriminalpo­lizei ermittelt in dem Fall.

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