Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Grüne retten den Schwarzen
Volker Bouffier regiert wohl weiter. Zu verdanken hat er das dem Koalitionspartner
Wiesbaden Ein paar Minuten, bevor die ersten Zahlen kommen, herrscht bei den Grünen schon ausgelassene Vorfreude. Auf der Wahlparty der hessischen CDU hingegen steigt die Anspannung ins Unermessliche. Nach 19 erfolgsverwöhnten Jahren geht es für sie um mehr als die Prozentzahl. Es geht um die Zukunft als Volkspartei. Als der Zeiger dann endlich auf 18 Uhr springt, macht sich Schockstarre breit. Riesige Verluste für die Christdemokraten. Doch wenig später folgt ein Moment der Erleichterung: Es könnte für eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition reichen – dank der furiosen Grünen. „Und wenn es doch nicht reicht, dann halt mit der FDP, sagt Frankfurts Ex-oberbürgermeisterin Petra Roth.
Von Jubel trotzdem keine Spur. Kein Vergleich zur Situation vor 19 Jahren, als Roland Koch überraschend das sozialdemokratisch geprägte Hessen gewann. Und schon gar kein Vergleich zum Wahlabend 2003, als Koch die absolute Mehrheit für seine
CDU holte. Doch immerhin kam es nicht ganz so schlimm, wie es letzte Umfragen erwarten ließen.
Von „einem
Abend mit einer gemischten Botschaft“, sprach dann auch Ministerpräsident Volker Bouffier, als er vor seiner Fraktion auf die Bühne trat. „Die CDU kann als stärkste Fraktion erneut den Anspruch erheben, eine Regierung zu bilden“, ruft der CDU-CHEF seinen Anhängern zu, und räumt dann ein: „Die Menschen haben uns gezeigt, dass es im Bund anders werden muss mit weniger Streit.“
Ganz anders sieht es bei den Grünen aus: Spitzenkandidat Tarek Alwazir bedankt sich bei der Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock im Publikum „für den Rückenwind aus Berlin“. In den Fraktionsräumen kennt der Jubel keine Grenzen. Menschen liegen sich in den Armen. Hier feiern die großen Gewinner dieses Wahlabends. Die Partei, ohne die nichts gehen wird bei der Bildung einer neuen Landesregierung.
Nicht ganz unwesentlich könnte auch die Rolle der FDP sein, der eine Zitterpartie wie 2013 erspart bleibt. Damals war erst weit nach Mitternacht entschieden, dass die Liberalen es über die Fünfprozent-hürde und damit in den Landtag geschafft hatten. Lange blieb offen, ob es für eine hauchdünne schwarz-grüne Mehrheit reicht oder die FDP zu einer Jamaika-koalition mit ins Boot geholt wird. So ist anzunehmen, dass trotz der Verluste auch der künftige Ministerpräsident Volker Bouffier heißen wird.
Mit einer Mischung aus Trauer und Durchhalteparolen vernehmen die Sozialdemokraten das Ergebnis. „Das ist nicht ansatzweise das Ergebnis, das wir wollten“, sagt Spitzenkandidat Thorsten Schäfergümbel, der schon zum dritten Mal seinen Hut in den Ring geworfen hatte. Der Spitzenkandidat sprach von einem „schweren und bitteren
AFD schafft es auch in das 16. Landesparlament
Abend“. Der Bundestrend sei „übermächtig“gewesen, „dagegen hatten wir keine Chance“, betont Schäfer-gümbel. Was er dann sagt, klingt wie eine Drohung: „Wir müssen in Berlin Konsequenzen ziehen, die Debatte darüber muss morgen ernsthaft beginnen.“
Die AFD schafft mit Hessen auch den Einzug in das 16. Landesparlament. Wieder vertreten sein wird die Linke.