Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Kessler: Insolvenz-auktion erzielt Millionen
Bald stehen auch die Bobinger Grundstücke zum Verkauf. Neuer Verwalter überprüft Unternehmensführung
Bobingen Die Auktion ist beendet, das Inventar versteigert. Im Insolvenzverfahren der Bobinger Firma „Kessler Druck + Medien“kamen mehr als 60 Jahre Firmengeschichte unter den Hammer – von der Druckmaschine bis zum Staubsauger. Nun wandert das Inventar quer durch Europa zu seinen neuen Besitzern. „Im Sinne der Gläubiger ist alles sehr gut verlaufen“, sagt Clemens Fritzen, der Vorsitzende der Auktionsfirma Angermann/netbid. Eine konkrete Summe will Fritzen nicht nennen, doch der Erlös liege über seinen Erwartungen: „Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass es sich um einen siebenstelligen Betrag handelt.“
Die Kessler-versteigerung lockte Online-bieter bis aus Mazedonien. Dorthin geht nun eine der zahlreichen Druckmaschinen. „Aber auch der deutsche Mittelstand ist versorgt worden“, sagt Fritzen. Das teuerste Gut, eine Achtfarben-offset-druckmaschine, ging mit einem Startpreis von 180000 Euro in die Auktion. Das Endergebnis: mehr als 400 000 Euro. „Es war nichts für Schnäppchenjäger“, sagt Fritzen. Fast alles, was den Druck und die Produktion betreffe, sei verkauft worden. „Wenn dabei eine Maschine im Wert von 20000 Euro übrig bleibt, fällt das bei diesen Summen nicht groß ins Gewicht.“
Etwa 120 Auktionen organisiert Angermann jedes Jahr – davon etwa zehn in der Druckerei-branche. „Momentan ist die Krise verschärft“, sagt Fritzen. „Wir kommen, wenn nichts mehr geht. Uns geht leider der Ruf des Totengräbers voraus.“Im Mai 2018 meldete Kessler Druck Insolvenz an. Fast 60 Jahre hatte Gründer Caspar Kessler seine Firma geleitet, bis sie zunehmend in finanzielle Schieflage geriet. Die Dresdner Astov-gruppe, die das Unternehmen 2017 übernahm, wandte die Insolvenz nicht ab. Etwa 150 Mitarbeiter verloren ihren Job.
Noch bevor die Auktion begann, hat sich hinter den Kulissen ein Wandel vollzogen. Seit 12. September ist Nico Kämpfert der neue Verwalter der Insolvenz. Das zuständige Gericht in Dresden hatte zunächst Albert Wolff mit dem Fall betraut, doch die Insolvenzordnung ermöglicht Gläubigern die Wahl eines neuen Insolvenzverwalters. Kesslers Gläubiger haben von ihrem Recht Gebrauch gemacht. „Ein solcher Wechsel ist keinesfalls üblich, sondern eher die Ausnahme“, erklärt Kämpfert. Er vertieft sich jetzt in die Buchführung der Druckerei. „Ich arbeite die Ereignisse nach dem Insolvenzantrag, aber auch einen Zeitraum von mindestens vier Jahren vor diesem Antrag auf.“Er prüft, ob Organe der Gesellschaft gegen ihre Pflichten verstoßen haben – und ob dadurch den Gläubigern Geld entgangen ist. Firmengründer Caspar Kessler erhebt schwere Vorwürfe gegen die Astovgruppe. Er ist sich sicher, dass die neue Unternehmensleitung nie am Erhalt der Firma interessiert war.
Zunächst muss Kämpfert den Erlös der Auktion verteilen: Zuerst kommen jene Gläubiger zum Zug, die Anteile am Inventar und an den Immobilien von Kessler halten. Der Restwert geht an die weiteren Gläubiger, entsprechend der Höhe ihrer Forderungen. Kämpfert koordiniert und überwacht den Prozess und zieht Bilanz: „Der bisherige Erlös übertrifft sogar meine Erwartungen.“Dabei seien noch nicht einmal alle Posten verwertet. Der nächste Schritt für Kämpfert ist der Verkauf der Bobinger Betriebsstätte. Davon erhofft er sich den größten Erlös im Insolvenzverfahren.