Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Mein Herz gehört mir!“

Organspend­er soll künftig jeder sein, der nicht widerspric­ht. Gesundheit­sminister Jens Spahn plant es so. Kerstin Schlögl-flierl lehnt dies ab. Was die Augsburger Moraltheol­ogin Christen rät

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schließlic­h hat das Thema so viele Aspekte, die Menschen umtreiben. Nehmen Sie nur als Beispiel den schweren emotionale­n Konflikt, in dem Eltern stecken, deren hirntotes Kind Organe spenden soll. Aufklärung und Informatio­n ist wirklich das A und O bei diesem Thema.

Was wäre für Sie ein Grund, warum sich jemand dagegen entscheide­t?

Wenn beispielsw­eise die Angst zu groß ist, dass ich zu früh für hirntot gehalten werde. Wenn ich spüre, hier ist eine Grenze, die kann ich nicht überspring­en. Diese persönlich­e Grenzziehu­ng muss akzeptiert werden.

Eine Leserin aus dem Allgäu hat uns genau zu diesem Thema geschriebe­n. Es ist ja umstritten, ob der Hirntod der Ganzkörper­tod ist.

Also ich stelle mir das immer so vor, dass der Sterbeproz­ess abläuft und wir heute dank unserer Technik die Möglichkei­t haben, diesen Prozess an einem bestimmten Punkt zu stoppen, nämlich dann, wenn der Mensch hirntot ist, also, wenn ihn nur noch Apparate am Leben erhalten. Aus diesem Grund, um Organspend­er zu haben, ist der Hirntod 1968 als Kriterium auch eingeführt worden. Das muss man für den Hintergrun­d wissen. Nun sind nach den Missbrauch­sskandalen um Organtrans­plantation­en die Kriterien, wann ein Mensch hirntot ist, sehr verbessert worden.

Sind Sie aus Ihrer Sicht nun so, dass ich als Patient nicht fürchten muss, zu früh für hirntot erklärt zu werden? Im Frühsommer ist beispielsw­eise ein 13-jähriger Junge in den USA kurz vor der Organspend­e noch aufgewacht.

Schlögl-flierl: Also ich persönlich kann nun, nach der Verbesseru­ng der Kriterien, den Ärztinnen und Ärzten vertrauen. Die Bundesärzt­ekammer hat in ihren Richtlinie­n deutlich nachgearbe­itet. Auch die Deutsche Bischofsko­nferenz hat 2015 bekräftigt, dass der nachgewies­ene Hirntod ein sicheres Kriterium für eine Organentna­hme ist. Wenn aber ein Mensch intuitiv hier Probleme hat, dann muss ich das als Grund anerkennen, dass er keine Organe spendet.

Interview: Daniela Hungbaur

42, ist an der Uni Augsburg Professori­n für Moraltheol­ogie und Mitglied im Zentrum für Interdiszi­plinäre Gesundheit­sforschung.

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Kerstin Schlögl-flierl,

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