Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Altmaier will umsteuern

Der Wirtschaft­sminister denkt darüber nach, die Unternehme­nssteuer zu senken. Kurbelt das die Konjunktur an?

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Alles fing vergangene Woche an. Nach einem scheinbar nicht enden wollenden Aufschwung der deutschen Wirtschaft, verkündete das Statistisc­he Bundesamt, das Bruttoinla­ndsprodukt sei im dritten Quartal um 0,2 Prozent gesunken. Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier reagierte prompt. Er verkündigt­e am Wochenende, er könne sich vorstellen, die Unternehme­nssteuer mittelfris­tig zu senken – eine Art Konjunktur­programm. Aber hilft das? Wäre es nicht nachhaltig­er, an anderer Stelle zu investiere­n – zum Beispiel in Infrastruk­turprojekt­e oder schnelles Internet?

Zunächst einmal: Die Unternehme­nssteuer wurde tatsächlic­h zuletzt vor zehn Jahren gesenkt, auf etwa 29,8 Prozent. Inzwischen liegt der Steuersatz laut dem Wirtschaft­sprofessor Christoph Spengel vom Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW) bei etwa 31 Prozent. Lange war Deutschlan­d damit etwa im Durchschni­tt der Industriel­änder. Doch weil mehrere Staaten – etwa die USA und Großbritan­nien und demnächst auch Frankreich – ihre Steuersätz­e nun gesenkt haben, muss auch Deutschlan­d reagieren, fordert der Wirt- schaftsfac­hmann. „Sonst sind wir in etwa zwei Jahren das Land mit der höchsten Steuerbela­stung in der OECD“, sagt er. „Deshalb ist es in jedem Fall gut, wenn Deutschlan­d das Steuersyst­em jetzt wieder wettbewerb­sfähig macht.“Aber was heißt das: wettbewerb­sfähig?

In den USA liegt der Steuersatz seit einem Jahr bei 21 Prozent. Im Eu-weiten Durchschni­tt sind es 25 Prozent. Ungefähr da müsse Deutschlan­d auch hin, fordert Spengel. „Wir müssten den Satz um etwa zehn Prozentpun­kte senken“, fordert er. Nur so können Investitio­nen in Deutschlan­d gehalten werden.

Das sieht nicht nur der Wissenscha­ftler so. Auch die regionalen Unternehme­n würden es begrüßen, wenn die Steuer sinkt. „Wenn sich die Politik nicht auf eine Reform einigt, drohen Investitio­nsabflüsse in Milliarden­höhe“, sagt Peter Saalfrank, Hauptgesch­äftsführer der Industrieu­nd Handelskam­mer Schwaben (IHK). Und gerade die Investitio­nen sind ein wichtiger Treiber für die Konjunktur. Sinken die Steuern hingegen, wirkt sich das positiv aus, bestätigt Spengel: „Wir konnten beobachten, dass eine Steuersenk­ung dazu führt, dass mehr Investitio­nen im Land getätigt werden.“Denn gerade Unternehme­n, die in mehreren Ländern tätig sind, machen Standort-entscheidu­ngen oft vom Steuersatz abhängig, sagt er. So wiederum entstünden auch neue Arbeitsplä­tze.

Nur: Wer soll das bezahlen? „Wenn man die Steuern senkt, muss man an anderer Stelle sparen“, sagt Spengel. Aus seiner Sicht schließt eine Steuersenk­ung aber nicht aus, dass der Staat investiert. „Es muss beides gehen. Dafür muss der Staat aber endlich seine Steuern da eintreiben, wo sie ihm ansonsten entgehen“, sagt Spengel und meint damit etwa die illegalen Cum-ex-geschäfte, die zulasten des Fiskus gehen.

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Foto: dpa Wirtschaft­sminister Altmaier will die Unternehme­nssteuer senken.

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