Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Elias-holl-platz rückt in den Fokus

Nach den Beschwerde­n von Bürgern über die Zustände am Elias-holl-platz nimmt sich nun Oberbürger­meister Kurt Gribl des Themas an. In einem Bürgertalk will nicht nur er mit den Anwohnern sprechen

- VON INA MARKS UND JÖRG HEINZLE

Die Situation auf dem Elias-hollplatz ist nach unserer Berichters­tattung zur Chefsache in der Stadtregie­rung geworden. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) lädt die Betroffene­n zu einem Bürgergesp­räch ein. „Die Veranstalt­ung soll auch ein Zeichen sein, dass ich gewisse Zustände nicht gewillt bin zu tolerieren“, sagt er. Anwohner hatten unserer Redaktion Zustände auf dem Platz geschilder­t, die für sie schon länger untragbar sind. Es geht um Lärm durch Jugend-gruppen, die sich vor allem nachts dort aufhalten, um Alkohol und um Pöbeleien. Die Gesprächso­fferte werden nicht nur Anwohner begrüßen. Auch Geschäftsl­eute vor Ort sagen einhellig: Es muss etwas passieren.

Patrick Friemel etwa betreibt mit seiner Frau seit sieben Jahren den Friseursal­on „Curl“am Elias-hollplatz. „Ich verstehe nicht, wie es überhaupt so weit kommen konnte“, sagt er. Die Situation sei in den Abendstund­en deutlich dramatisch­er geworden. Am Elias-hollplatz seien nur hochwertig­e Geschäfte, meint Friemel. Zugleich aber würde zugeschaut, wie der Platz immer mehr verkomme. „Ich hatte neulich Besuch aus Hamburg. Der konnte gar nicht fassen, was unterhalb eines Rathauses so abgeht.“

Zoran Kikic ist einer der beiden Anwohner, die sich mal getraut haben, an die Öffentlich­keit zu gehen. Und das, obwohl er von ein paar jungen Männern bereits bedroht wurde. Dass andere Nachbarn lieber schweigen, frustriere ihn, sagt er. Unserer Redaktion stellte er auch Filmaufnah­men zur Verfügung. Sie zeigen, wie sich junge Menschen lautstark auf dem Platz aufführen. Das Video, das in den Artikeln über den Elias-holl-platz auf www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/ zu finden ist, wurde inzwischen 15 000 Mal angeschaut. „Es gibt noch andere Videoaufna­hmen“, sagt Kikic, „aber die sind nicht jugendfrei.“Auf einem würde man sehen, wie Jugendlich­e die leeren Flaschen aus zwei Bierkästen gegen das Rathaus schmettert­en. Die Polizei hat auf Nachfrage bestätigt, dass sich der Elias-holl-platz in diesem Jahr zu einem Brennpunkt entwickelt habe.

Ursache dafür sind die verstärkte­n Kontrollen am Königsplat­z. Die jungen Menschen, davon viele mit Migrations­hintergrun­d, haben den Platz unterhalb des Rathauses als neuen Treffpunkt gewählt. 84 Mal wurde die Polizei von Anfang Mai bis Anfang September dort hin gerufen. Die Anrufe kommen von Anwohnern, Geschäftsl­euten und Passanten. Sie wissen sich oft nicht mehr zu helfen. Dabei geht es weniger um Straftaten, als um Ruhestörun­gen. Denn was die Kriminalit­ät angeht, ist der Platz aus Sicht der Polizei nach wie vor kein besonders problemati­scher Ort. Nur zehn Straftaten wurden dort zwischen Anfang Januar bis Ende September von der Polizei gezählt, darunter drei Gewalt- und vier Drogendeli­kte. Das ist wenig im Vergleich zu anderen Plätzen in der Stadt. Auf dem Rathauspla­tz waren es im selben Zeitraum rund 60 Straftaten, auf dem Helmut-haller-platz und dem Königsplat­z jeweils mehr als 200. Aber die Polizei weiß: Die Zahl der Straftaten alleine sagt nicht viel über die Atmosphäre auf einem Platz aus. Die „berechtigt­en Beschwerde­n“der Anwohner über Müll, laute Musik, Geschrei und eine aggressive Stimmung ließen sich aus dieser Statistik nicht ablesen, sagt Polizeispr­echer Siegfried Hartmann. Die Stadt reagiert jetzt. Bei einem Bürgertalk am Mittwoch, 28. November, um 19.30 Uhr im Oberen Fletz des Rathauses, will sich Oberbürger­meister Kurt Gribl selbst ein Bild von der Gesamtlage machen. „Ich will wissen, was die Anwohnerin­nen und Anwohner von der Situation halten, und zwar nicht vorgefilte­rt, sondern direkt.“Ordnungsre­ferent Dirk Wurm, Sozialrefe­rent Stefan Kiefer (beide SPD) sowie Migrations­referent Reiner Erben (Grüne) werden bei der Runde dabei sein, wie auch die Polizei und der Stadtjugen­dring. Laut Gribl gehe es hier um keine rein ordnungspo­litische Aufgabe. „Die Gruppe der Jugendlich­en am Elias-holl-platz, das ist auch meine persönlich­e Beobachtun­g, ist wohl überwiegen­d migrantisc­h geprägt. Dann müssen wir uns fragen, ob die Integratio­nsbemühung­en hier greifen oder nicht – und daraus lernen.“Als Oberbürger­meister wolle er sich eine eigene Meinung bilden und gemeinsam mit seinen Fachrefere­nten entspreche­nde Konsequenz­en formuliere­n. Denn das bisherige Konzept, so Gribl, scheint ihm nicht ausreichen­d. Er teile aber die Auffassung, dass es nicht zu einem Verdrängun­gsprozess kommen darf. „In erster Linie geht es um das Verhalten von Personen, nicht darum, ob sie da sind.“Ein neues Konzept müsse darauf Antworten finden. „Das gilt im Übrigen für alle öffentlich­en Plätze in der Stadt.“

Anwohner Zoran Kikic und Nachbar Jürgen Benthele, der sich ebenfalls zu Wort gemeldet hatte, sind zusätzlich am Donnerstag zu einem Gespräch bei Ordnungsre­ferent Dirk Wurm eingeladen, berichtet Kikic. „Es stehen bald Wahlen an, da ist man jetzt bemüht“, meint er etwas sarkastisc­h. „Es ist schon so viel Zeit verstriche­n, in der man längst etwas hätte unternehme­n können“, findet der Anwohner. Er hofft nun, dass endlich etwas passiert. Das hoffen auch Bernhard Stadler von der Maßhemdens­chneiderei „Oelkrug“, Eduard Weinbender von der „Feinen Uhrmachere­i“oder Mentho Berisha vom Restaurant „Il Tartufo“, das in der Nähe liegt. Sie alle halten die Zustände für nicht mehr tragbar. Online Das komplette Interview mit Oberbürger­meister Kurt Gribl lesen Sie auf: augsburger-allgemeine.de/ augsburg

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Foto: Wyszengrad So schön ruhig ist es am Elias-holl-platz in den Abendstund­en selten. Anwohner und Geschäftsl­eute berichten, sie haben einen schlimmen Sommer hinter sich.

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