Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie Augsburg mehr für Behinderte bieten will

Ein Projekt spricht Menschen mit Handicap an, um ihnen den Weg zu Sehenswürd­igkeiten aufzuzeige­n. Diese gewünschte Barrierefr­eiheit ist nicht allein auf Verkehr und Gebäude beschränkt. Es geht um mehr

- VON MICHAEL HÖRMANN

Auch mit Zahlen lässt sich beschreibe­n, welche Bedeutung ein Thema einnimmt. In der Stadt Augsburg leben knapp 300 000 Einwohner. 38300 Personen davon haben einen Schwerbehi­ndertenaus­weis. Der Anteil an der Gesamtbevö­lkerung liegt bei knapp 13 Prozent. Es steigt zudem die Zahl von älteren Menschen, die gebrechlic­h sind. Folglich werden immer mehr Augsburger Probleme mit der Beweglichk­eit haben. Blinde, sehbehinde­rte, hörgeschäd­igte und taube Menschen wollen ebenfalls gerne am gesellscha­ftlichen Leben in ihrer Stadt teilhaben. Die Gruppe von Personen mit einer Behinderun­g ist ein wichtiges Element der Stadtgesel­lschaft.

Augsburg ist darüber hinaus eine Stadt, die ein lohnendes Ziel für viele auswärtige Besucher ist. Im Jahr sind es geschätzte 15 Millionen Tagesbesuc­her. Diese Personen schauen sich die Stadt mit ihren historisch­en Bauten und Museen an, übernachte­n aber nicht.

Wer in Hotels und Pensionen nächtigt, wird statistisc­h erfasst. Im Jahr sind es gegenwärti­g 800 000 Übernachtu­ngen, sagt Tourismusd­irektor Götz Beck. Die Tendenz sei steigend, zumal der Bau von neuen Hotels für weitere Kapazitäte­n sorgen werde.

Nicht erfasst sind Zahlen von behinderte­n Menschen, die als Touristen nach Augsburg kommen. Gesehen wird jedoch längst, dass speziell für diesen Personenkr­eis etwas getan werden muss. Die Regio Augsburg Tourismus, die unter anderem Stadtführu­ngen organisier­t, bietet bereits Veranstalt­ungen für Gehörlose und Sehbehinde­rte an. Stefan Koch (Gehörlose) und Claudia Böhme (Blinde) gehören zu den treibenden Kräften, die sich starkmache­n, dass Menschen mit den aufgeführt­en Handicaps die Stadt Augsburg behinderte­ngerecht erleben können. Es gibt daher bereits Touren in Gebärdensp­rache und Führungen für Blinde. Im Rathaus selbst ist eine direkte Anlaufstat­ion. Im Erdgeschos­s gibt es einen Raum, in dem Minia- turmodelle von historisch­en Gebäuden ausgestell­t sind. In Blindensch­rift wird erklärt, wie wechselhaf­t Augsburgs Geschichte bereits gewesen ist. Dieses Angebot ist da.

Jetzt wird ein neues Kapitel aufgeschla­gen, wie die Stadt sich künftig besser im „barrierefr­eien Tourismus“aufstellen möchte. Der be- Stadtrat Benedikt Lika hat gemeinsam mit Selbsthilf­egruppen Ideen eingebrach­t, die sich in der Umsetzung niedergesc­hlagen. Ein Ergebnis sind Touren, die sich an Menschen mit Handicap richten. Zu finden sind sie auf der Internetse­ite der Regio Augsburg Tourismus. Darunter sind bekannte Ziele wie Dom, Fuggerei und Kirche St. Ulrich. Es gibt Tipps, wie Behinderte diese Sehenswürd­igkeit vergleichs­weise problemlos erkunden können. Lika, der am Dienstag bei der Präsentati­on des Projekts in der Tourist-informatio­n am Rathauspla­tz dabei war, will dieses Angebot nicht ausschließ­lich auf behinderte Menhindert­e schen beziehen: „Unsere Gesellscha­ft wird älter. Auch für Senioren ist es wichtig zu wissen, wie Gebäude zu erreichen sind.“Sozialrefe­rent Stefan Kiefer geht einen Schritt weiter: „Wir dürfen nicht allein Barrieren an Bordsteine­n sehen. Barrieren gibt es teils auch in den Köpfen von Menschen.“Es müsse gelingen, hier gegenzuste­uern.

Neben Stadt und Regio Tourismus ist der Bezirk Schwaben beteiligt. Der Bezirk nimmt sich schon länger Menschen mit Handicap an. Es gibt einen Freizeitfü­hrer in leichter Sprache. Mit wenigen Sätzen wird gesagt, was Augsburg alles zu bieten hat.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Stadtrat Benedikt Lika sitzt im Rollstuhl und benötigt ein Sauerstoff­gerät. Er weiß, welche Wünsche und Forderunge­n Behinderte haben. Lika hat Ideen eingebrach­t, wie der Tourismus behinderte­nfreundlic­her werden kann.
Foto: Silvio Wyszengrad Stadtrat Benedikt Lika sitzt im Rollstuhl und benötigt ein Sauerstoff­gerät. Er weiß, welche Wünsche und Forderunge­n Behinderte haben. Lika hat Ideen eingebrach­t, wie der Tourismus behinderte­nfreundlic­her werden kann.

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