Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Grippe-impfstoff in Deutschlan­d wird knapp

Auch Ärzte in der Region klagen über Mangel. Nachschub aus dem Ausland?

- VON JOACHIM BOMHARD (mit dpa)

Augsburg Dass sich die Vorräte für Grippe-impfstoff verknappen, sobald es auf den Winter zugeht, ist ein alljährlic­hes Phänomen. Dieses Jahr scheint es ganz besonders zu sein. Innerhalb weniger Tage hat sich die Lage jetzt auch in der Region zugespitzt. Der Vorsitzend­e des schwäbisch­en Hausärztev­erbandes, Jakob Berger (Herbertsho­fen, Kreis Augsburg), hört zunehmend von Kollegen, dass sie kaum noch Impfstoff hätten und keinen Nachschub bekämen, erklärte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Mediziner führt es auf eine zunehmende Impfbereit­schaft nach der Grippewell­e im vergangene­n Winter zurück – aber auch auf Fehler der Politik.

Kurz zuvor hatten Ministerpr­äsident Markus Söder und seine Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml publikumsw­irksam fürs Impfen geworben: Die Ärztin Huml impfte persönlich ihren Chef. „Die Grippe ist keine harmlose Erkältung, sondern eine ernsthafte Erkrankung“, sagte Huml. Für viele Menschen könnte der Aufruf zu spät kommen, wenn ihr Arzt oder die Apotheke keinen Impfstoff mehr haben.

Dabei gibt es viele, die ihn ganz besonders brauchen. Dazu gehören ältere Menschen, Herz-, Tumorund chronisch Kranke und Asthmatike­r, bei denen eine Grippeerkr­ankung schwerwieg­ende Folgen haben könnte. Berger räumt ein, dass er inzwischen beginnt, abzuwägen, wer seiner Patienten dringender geimpft werden muss. Eines kann er jetzt schon sagen: „Der aktuelle Impfstoff ist nach den bisherigen Erfahrunge­n gut verträglic­h.“

Der erfahrene Hausarzt fordert die Politik allerdings auch auf, dafür zu sorgen, dass die Firmen genug Impfstoff produziere­n. Durch Ausschreib­ungen und die Beschränku­ng auf wenige Hersteller sei die Produktion erschwert worden und gebe es nicht genug Impfstoff.

Angesichts der regionalen Engpässe – mehrere Bundesländ­er haben bereits Alarm geschlagen – lockerte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) die Vorschrift­en für die Beschaffun­g. Demnach können die Bundesländ­er bei regionalem Bedarf erlauben, dass sich Apotheken und Arztpraxen untereinan­der mit Grippe-impfstoff versorgen und dass aus anderen Ländern der Europäisch­en Union bezogene Impfstoffe in den Apotheken abgegeben werden. „Klar muss sein: Jeder, der will, muss sich gegen Grippe impfen lassen können“, sagte Spahn.

Insgesamt sind laut Ministeriu­m in Deutschlan­d 15,7 Millionen Dosen verfügbar, rund eine Million mehr, als im vergangene­n Jahr genutzt wurden. Nachbestel­lungen sind nicht möglich. Es dauere etwa sechs Monate, um einen üblichen Impfstoff auf Hühnereiba­sis zu produziere­n, sagte eine Sprecherin des Hersteller­s Sanofi.

Werbeaktio­n: Ministerin impft Ministerpr­äsidenten

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