Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Augsburg stemmt sich gegen den Klimawandel
Der neue Klimaschutzbericht der Stadt vermeldet zum ersten Mal eine spürbare Abnahme der schädlichen Co2-emissionen. Umweltreferent Erben sieht „Rekorderfolg“. Aber einige Trends sorgen für Probleme
Der Rekordsommer in diesem Jahr ist ein Anzeichen von vielen. Und für Hans Peter Koch vom städtischen Umweltamt steht inzwischen fest: „Der Klimawandel ist in Augsburg angekommen.“Er verweist auf die Daten der Augsburger Wetterstation, die längerfristig einen Anstieg der Temperaturen zeigen. Doch was macht die Stadt, um der menschgemachten Erwärmung entgegenzusteuern? Darüber gibt der neue städtische Klimaschutzbericht Auskunft. Er meldet einen ersten größeren Erfolg bei der Reduzierung der Treibhausgase, benennt aber auch problematische Trends.
Beim Klimaschutz ist Augsburg eine Selbstverpflichtung eingegangen. Seit 1998 ist die Stadt Mitglied im Klimabündnis europäischer Städte. Ein Ziel des Bündnisses ist es, den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid alle fünf Jahre um zehn Prozent zu verringern. Darüber hinaus strebt die Stadt an, die Emissionen von CO2 im Wirtschaftsraum bis zum Jahr 2030 in etwa zu halbieren (ausgehend vom Jahr 1990). Was die Vorgabe des Klimabündnisses angeht, kann das städtische Umweltamt nun einen ersten Erfolg vermelden.
Nach den neuesten Berechnungen ist der Ausstoß von Treibhausgasen in Augsburg zwischen 2011 bis 2016 je Einwohner zurückgegangen, und zwar um 12,7 Prozent. „Damit haben wir das Ziel des Klimabündnisses zum ersten Mal geschafft und übererfüllt“, sagt Koch. Auch absolut gingen die Co2-emissionen in der Stadt im genannten Zeitraum zurück, und das trotz der steigenden Einwohnerzahl und einer insgesamt guten Wirtschaftsentwicklung. Koch zufolge reduzierte sich der Co2-ausstoß von 2,5 Millionen Tonnen jährlich auf 2,3 Millionen Tonnen.
Für diese Entwicklung sieht man im städtischen Umweltamt verschiedene Gründe: Danach ist im deutschen Strommix der Anteil an Erneuerbaren Energien gestiegen, was wiederum weniger Treibhausgase zur Folge hat. Auch die Industriebetriebe in Augsburg stoßen weniger Treibhausgase aus. Und sogar bei Privathaushalten sieht Koch einen positiven Trend. Die Co2-einsparungen seien hier hoch, vor allem bei Strom und Wärme. Nicht einge- in die Bilanz sind allerdings die Treibhausgase, die Bürger etwa bei Flugreisen oder bei der Handynutzung erzeugen.
Trotz des ersten größeren Einsparungserfolges – mit Blick auf die Zukunft sieht man im Umweltamt auch problematische Entwicklungen. Koch sagt, der Aufschwung bei den Erneuerbaren Energien verlangsame sich deutlich. „Der Ausbau der Fotovoltaik bleibt hinter den Erwartungen und Möglichkeiten zurück.“Dabei seien dort noch die größten Ausbaupotenziale in Augsburg.
Mit Blick auf eine Reduzierung der Treibhausgase sieht Koch auch noch einen anderen problematischen Trend. Der Bestand an Kraftfahrzeugen hat absolut zugenommen und auch die Zahl der Autos pro Einwohner ist gestiegen. Im Jahr 2016 waren in Augsburg 153 000 Kraftfahrzeuge zugelassen. (2011: 138 000). Das bedeutet, dass sich mehr Augsburger ein – oft auch größeres – Auto zulegen, das Abgase ausstößt. Zwar sei der Verkehr in Stadt nicht der größte Verursacher von Treibhausgasen in Augsburg, sagt der Leiter des Umweltamtes. Dennoch mache er sich in der Klimaschutzbilanz negativ bemerkbar.
Unterm Strich kann Augsburg bei den kurzfristigen Klimaschutzzielen nun aber zum ersten Mal eine positive Bilanz vorweisen. Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) spricht von einem „Rekorderfolg“. Das Ergebnis zeige, dass es auch in einer Großstadt funktionieren könne, den Ausstoß von Treibhausgasen zurückzufahren. Erben räumte jedoch ein, dass die Einsparungen nicht allein auf die städtische Klimaschutzarbeit zurückzuführen sind.
So würde ein bundesweiter Rückbau der Kohlekraftwerke die Verwirklichung der Klimaschutzziele auch hier vor Ort deutlich voranbringen. Was kann eine Kommune bei der weltweiten Aufgabe Klimaschutz überhaupt tun? Eine Untersuchung des Ökoinstituts Freiburg ergibt: Rund ein Drittel der möglichen Co2-einsparung liege in Hänrechnet den der Kommunen, zwei Drittel seien nur durch eine gemeinsame Steuerung auf allen Ebenen von den Gemeinden über die Länder und Staaten bis hin zur Europäischen Union erreichbar.
Erben sagt, auch im Klimaschutz aktive Städte wie Augsburg könnten den steinigen Weg kaum gehen, ohne Unterstützung von Freistaat und Bund. Deutschland ist jedoch bei der Senkung der Treibhausgase in Verzug. Und auch in Bayern steigen beispielsweise die energiebedingten Co2-emissionen nach jahrelangen Rückgängen wieder an.
Wo steht Augsburg beim Klimaschutz im Vergleich mit anderen Städten? Diese Frage kann der neue Bericht nicht beantworten. Amtsleiter Hans Peter Koch sagt, die angewandten Berechnungsmodelle seien seriös, aber komplex. Die Ergebnisse seien zwar für Augsburgs Entwicklung aussagekräftig, ein Vergleich mit anderen Kommunen sei aber kaum möglich. Dazu seien die Bedingungen vor Ort zu unterschiedlich – etwa wenn eine Autoder bahn oder ein Flughafen zum Gemeindegebiet gehören.
Unterdessen macht sich der Klimawandel auch in Augsburg immer deutlicher bemerkbar. Das zeigen die Zahlen der Wetterstation. Danach wird es im Stadtgebiet im langjährigen Vergleich seit 1947 immer wärmer. Die Zahl der Frosttage nimmt ab, die Zahl der Sommertage ab 25 Grad Celsius steigt. In diesem Jahr gab es in Augsburg 75 Sommertage, mehr waren es bislang nur im Sommer 2003.